Tanztheater

Der Baumstamm muss entzwei

Szene aus dem Theaterstück "The Iliad" von Felix M. Ott in der Tanzfabrik Berlin, 2014.
Nicht nur ein Baumstamm wird bei "The Iliad" von Felix M. Ott zerkleinert. © Tanzfabrik Berlin / Dieter Hartwig
Von Elisabeth Nehring · 17.07.2014
Erneut beschäftigt sich Theatermacher Felix M. Ott mit der griechischen Mythologie. Nach "Odyssey Complex" kommt jetzt "The Iliad" in Berlin auf die Bühne. Aber statt Kampf, Rache und Krieg arbeiten sich die Männer an Materialien wie einem Baumstamm ab.
Nach seiner ersten Produktion "Odyssey Complex", in der der junge Theatermacher Felix M. Ott seinen zeitgenössischen Helden einmal durch die griechische Mythologie jagte und dabei ungeheures Gespür für die Wandlungsfähigkeit der Bühne bewies (So wurde aus einem schlichten Arbeitstisch ein Boot, mit dem Odysseus sich durch die Stürme der Weltmeere kämpfte; ein Mikrofonständer zum Ruder.) waren die Erwartungen an seine zweite abendfüllende Produktion groß.
In "The Iiad" wird hingegen kein bisschen gekämpft – weder innerlich noch äußerlich. Zwei Männer auf der Bühne, schwere Körper, Alltagskleidung. Arbeiter statt Krieger. Fast kein Bild von den vielen, die im Laufe des rund einstündigen Abends produziert werden, ist konkret auf Geschichten, Themen oder Motive der Ilias zu beziehen. Kampf, Zorn, Rache, Krieg, Konflikt, Täuschung – nichts von alledem klingt hier an.
Sägen, bauen, schleppen und auseinandernehmen: Szene aus "The Iliad" von Felix M. Ott.
Sägen, bauen, schleppen und auseinandernehmen: Szene aus "The Iliad" von Felix M. Ott.© Tanzfabrik Berlin / Dieter Hartwig
Schwarze Riesenpilaster und waghalsige Holzkonstruktionen
Ott führt uns zwei Männer im Gleichklang vor, die sich vor allem an Material abarbeiten. Der Baumstamm muss entzwei gehackt, die rückwärtige Bühnenwand einmal komplett auseinander genommen werden. Aus den verbliebenen Fragmenten werden immer neue Objekte und neue Räume konstruiert: zwei quadratische Kästen, zwei schwarze Riesenpilaster, waghalsige Holzkonstruktionen.
In größter Ruhe und immer in Symmetrie zueinander bedienen die Männer Äxte, Akkuschrauber, Werkzeuge aller Art. Die Bühne ist im stetigen Wandel und Werden, bespielt wird sie allerdings nicht; die beiden Bühnenprotagonisten sind zwar Ausführende, werden aber niemals zu Handelnden – auch wenn immer wieder Momente erzeugt werden, die den Beginn eines Stückes suggerieren.
Bei alledem zeigt Ott wieder seine Meisterschaft im Umgang mit allen Bühnenmitteln: Licht, Sound, Wind – alles erscheint fein aufeinander abgestimmt, präzise eingesetzt. Auch wenn die Iliad eine gewisse Ratlosigkeit hinterlässt, ist der junge Regisseur eine der großen Theaterhoffnungen der Zukunft.
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