"Tannöd"

18.11.2009
"Tannöd" ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Andrea Maria Schenkel. Darin geht es um bis heute ungeklärte Todesfälle, die sich im Jahr 1922 in Oberbayern ereigneten.
Deutschland 2009; Regie: Bettina Oberli; Darsteller: Julia Jentsch, Monica Bleibtreu, Volker Bruch, Brigitte Hobmeier, Filip Peeters, Gundi Ellert, Lisa Kreutzer, Vitus Zeplichal, Janina Stopper; Länge: 97 Minuten

"Tannöd" ist ein Film von Bettina Oberli. Die Schweizer Drehbuch-Autorin und Regisseurin vom Jahrgang 1972 wurde hierzulande über ihren zweiten Spielfilm "Die Herbstzeitlosen" von 2006 bekannt. Hier nun adaptierte sie den gleichnamigen Bestsellerroman einer Debütantin: Über eine halbe Million Mal wurde die im Januar 2006 erschienene Novelle von Andrea Maria Schenkel, einer damals 43-jährigen Hausfrau und dreifachen Mutter aus einem kleinen Dorf bei Regensburg, bei uns verkauft. 2007 gab es dafür den "Deutschen Krimi-Preis", 2008 den "Schwedischen Krimipreis".

"Tannöd" war monatelang auf Platz eins der Krimi-Welt-Bestenliste und wochenlang auf Platz eins der Bestsellerliste vom "Spiegel". Die Rechte für das Buch wurden in elf Länder verkauft. Im thematischen Literatur-Brennpunkt: Ein mysteriöser Mehrfachmord, der sich 1922 im oberbayerischen Dorf Hinterkaifeck ereignete und in der Nachkriegszeit sozusagen neu "aufgerollt" wird.

"Hinter Kaifeck" hieß in diesem Frühjahr eine grauslich-schlechte Mystery-Version von Esther Gronenborn um dieses Thema in der Jetzt-Zeit (mit Benno Fürman und Alexander Maria Lara), die im März völlig floppte. Jetzt also die "Original"-Adaption und nur mäßig besser. Oberli und Drehbuch-Autorin Petra Lüschow erfinden die Figur der Pflegerin Kathrin "aus der Stadt" neu.

Sie ist die Tochter einer angesehenen, verstorbenen Magd und will eigentlich nur "die Angelegenheiten" regeln. Zwei Jahre sind seit dem bestialischen Massenmord auf dem einsam abgelegenen Hof des "widerwärtigen" Bauer Danner vergangen. Sechs Personen wurden viehisch umgebracht. Der Mörder ist noch nicht gefasst.

Folglich herrschen Unruhe und Misstrauen in der Gemeinde. Kathrin hört von schlimmen Dingen, bemerkt überall Hass und Furcht. Aber auch unterschwellige, "klammheimliche Freude" über eine "gerechte Tat". Und dann kommt sie einem üblen Geheimnis auf die Schliche, das sie höchstpersönlich betrifft. Und belastet. Der Film von Bettina Oberli ist Hu-Hu- und Ha-Ha-Spuk. Die Figuren sind fast allesamt eindimensional-boshaft und anscheinend "irgendwie belastet", bewegen sich wie Marionetten und Pappnasen als Lehrer, Pfarrer, Hausierer, Bauernklotze und "Hexen", reden viel Stuss, lassen kaum Nähe und Anteilnahme zu. Keine Charakter-Kräfte, sondern schuldgeplagte, gestörte Deppen. In Seelen-Trübnis.

Was in Mutmaßungen, Tratsch und Klatsch rüberkommt, wirkt konstruiert, aufgesagt, narrisch. Immer wieder dunkle Wald-Bilder, durch die aufgeschreckte Menschen flitzen, oder rauschende Groß-Tannen mit Blau-Stich als Hokuspokus-Melder, erzeugen keine Spannung, sondern Langeweile. Während diese bigotte religiöse Kälte-Dauerstimmung, mit diesen genuschelten Ewig-Gebeten, auch nicht gerade originell anmutet, als ständiges Lauf- und Ton-Band. Ein Heimat-Krimi mit vielen Heuchel- und Lügen-Schwingungen, der einfach nicht funktioniert.

Weil hier niemand und nichts von besonderem Interesse ist, die düstere Atmosphäre bald schon nur ermüdet, der Film "Tannöd" als eine Art "böses Bauerntheater" daherkraxelt. Mit viel bayerischer Ödnis, dramatischer Musik, einem schwarzen Hund, der erschlagen wird, und die immerwährende Schuldig-Gewissensstimmung des "belasteten" Personals.

Da kann sich die gute Monica Bleibtreu als "Hexe" Traudl mit Durchblick in ihrer letzten Rolle noch so anklagend abstrampeln und deftig aufplustern; es wirkt nur albern, überdreht, aufgesagt. Vergebliche Liebesmüh. Während Julia Jentsch als Kathrin völlig fehlbesetzt wirkt mit ihrem fortwährenden "Amateurstaunen". Ein kraft- und saftloses "Herumeiern". "Tannöd" ist die völlig missratende Verfilmung eines begeisternden Buchs.


Filmhomepage "Tannöd"