Tangomusiker José Martínez

Schöne Melodien aus Buenos Aires

Bunte Schilder mit Tango-Motiven in Feria de San Telmo in Buenos Aires
Bunte Schilder mit Tango-Motiven in Feria de San Telmo in Buenos Aires © dpa / picture alliance / Lena Klimkeit
Von Victoria Eglau  · 28.01.2015
Die meisten Tangomusiker waren Autodidakten, sie schufen große Melodien, blieben aber namentlich Unbekannte – einer von ihnen ist der argentinische Musiker José Martinez. Dank Musikern wie ihm wird der Tango heute rund um den Globus getanzt.
José Martinez wurde geboren, als auch der Tango noch in den Kinderschuhen steckte. Am 28. Januar 1890 kam der Pianist und Komponist in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires zur Welt. Nur wenige Jahre vorher war dort der Tango entstanden, eine Fusion musikalischer Einflüsse aus Amerika, Afrika und Europa.
José Martinez verließ die Schule vor dem Abitur, um sich seinen Lebensunterhalt in einem Notarbüro zu verdienen, und in seiner Freizeit lernte er Klavier.
José Martinez: "Ich habe niemals Musikunterricht gehabt. Freunde aus meinem Viertel spielten Klavier, und ich schaute es mir von ihnen ab."
Erzählte Martinez Jahrzehnte später in einem Interview.
Ricardo García Blaya: "Tango war in Mode. So wie Jahrzehnte später junge Leute auf der Gitarre Rockmusik machten, brachten sie sich damals Klavier und Bandoneon bei, um Tango zu spielen ..."
Sagt der argentinische Tango-Historiker Ricardo García Blaya. In den ersten Jahren des
20. Jahrhunderts war Tango in Buenos Aires vor allem eine Musik der Viertel und Vorstädte. Verbreitet waren Trios mit Klavier, Gitarre und Flöte – letztere wurde mit der Zeit durch das Bandoneon ersetzt. Ab 1910 hielt der immer beliebtere Tango Einzug in die Theater und Cabarets im Zentrum. In jene Zeit fällt auch der Durchbruch von José Martinez, der sich nun ganz der Musik widmete. Mit 21 Jahren wurde er Pianist im bekannten Trio von Augusto Berto. Und er komponierte eigene Tango-Melodien.
"José Martinez führte ein Bohème-Leben. Er verschenkte oder verkaufte seine Tangos, weil er immer knapp bei Kasse war. Daher gibt es viele Melodien, die unter anderen Namen veröffentlicht wurden, aber eigentlich von Martinez stammen. Man erkennt seinen Stil, seine komplexe Art zu komponieren."
Tango wurde nicht mehr nur gespielt, sondern auch gesungen
Zu den Werken, die José Martinez zugeschrieben werden, obwohl er nicht als Komponist firmiert, gehört "Ivette" – hier aufgenommen von der argentinischen Tango-Legende Carlos Gardel. Etwa ab 1917 wurde Tango auch gesungen, nicht nur gespielt. Die Ensembles wurden größer, aus Trios wurden Quartette, Quintette und schließlich kleine Orchester. In den 1920er-Jahren eroberte der Tango die Welt. Nicht nur in Argentinien, auch in Europa war er en vogue. Argentinische Musiker spielten in Paris, und internationale Schallplatten-Firmen kamen nach Buenos Aires.
"Musik-Label wie Victor und Odeon eröffneten in Argentinien Niederlassungen, denn hier wurde die Musik gespielt, die in Europa gefiel. Sie nahmen in Buenos Aires Platten auf, und die argentinischen Tangomusiker hatten gut zu tun. Schwieriger war es für die Komponisten, da es zunächst noch keine Autorenrechte gab ...."
Das schwungvolle "La Torcacita" und andere Melodien von José Martinez machten Furore in Paris, doch einträglicher waren seine Auftritte als Pianist. Ein paar Mal verließ er den Tangozirkus sogar, um in bürgerlichen Berufen zu arbeiten.
Martinez starb jung – mit 49 Jahren. In Argentinien ist er in Vergessenheit geraten, obwohl er die Musik seiner Heimat maßgeblich geprägt hat.
"Er war einer der großen Tango-Komponisten. Er und ein paar andere seiner Generation komponierten die schönsten Melodien: tanzbaren Tango, interessanten Tango."
Wenngleich sein Name nur noch wenigen etwas sagt – Kompositionen von José Martinez werden heute noch gespielt, im Radio, bei Tanzveranstaltungen, den Milongas, und gelegentlich von zeitgenössischen Musikern.
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