Tag der Arbeit

"Wir wollen Wertschätzung für unsere Arbeit"

Teilnehmer der zentralen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB zum 1. Mai ziehen am 01.05.2015 zum Brandenburger Tor in Berlin.
Teilnehmer der zentralen Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB zum 1. Mai ziehen zum Brandenburger Tor in Berlin. © picture alliance/dpa - Wolfgang Kumm
Von Verena Kemna · 01.05.2015
Tausende sind wegen des Tages der Arbeit zum Brandenburger Tor gekommen. Guter Lohn für gute Arbeit, fordern die Gewerkschaften, denn Deutschland leiste sich nach Lettland den größten Niedriglohnsektor in Europa. Überhaupt brauche es mehr gemeinsame europäische Maßnahmen, meint der DGB.
Die Menschen stehen dicht gedrängt auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor, viele schwenken rot-weiße Gewerkschaftsfahnen. Für die meisten ist dieser 1. Mai ein Ausflugstag mit der ganzen Familie.
"Man versucht so häufig wie möglich dabei zu sein und auf die Straße zu gehen für gute Arbeit und gute Arbeitsbedingungen und dann Solidarität mit allen Arbeitnehmern zu zeigen. Wir sind eher Rostocker und deswegen haben wir gesagt, wir müssen das mal sehen. Super! Vernünftige Arbeitsplätze, ordentliche Bezahlung. Wenn ich sehe, ich habe eine Enkelin, die ist fertig ausgebildete Kindergärtnerin. Wie die bezahlt werden und was die für eine Belastung haben. Soziale Arbeit hält unser Gesellschaftsgeflecht aufrecht und das wird zu wenig anerkannt, finanziell vor allem."
Guter Lohn für gute Arbeit, das fordert auch Reiner Hoffmann, der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes.
"Unser Programm heißt, gute Arbeit überall, dafür kämpfen wir. Wir akzeptieren keine Marktwirtschaft in der Wertschöpfung allein das Zauberwort ist. Wir wollen erfolgreiche Wertschöpfung und die volle Wertschätzung für unsere Arbeit."
Deutschland leiste sich nach Lettland den größten Niedriglohnsektor in Europa. Digitalisierung, Globalisierung und die demografische Entwicklung würden die Arbeitswelt der Zukunft rasant verändern. Hoffmann zeichnet ein düsteres Bild der Arbeitsbedingungen in Deutschland. Erzieherinnen betreuten mit viel Engagement zu dürftigen Löhnen Kinder. Altenpfleger kümmerten sich unter erheblichem Arbeitsdruck um ältere Menschen. Frauen, so DGB-Chef Hoffmann, würden ein Viertel weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, sie müssten oft zwei oder drei Jobs schultern, um über die Runden zu kommen.
Nationale Antworten sind nicht mehr ausreichend
Gut qualifizierte Arbeitskräfte aus unseren europäischen Nachbarländern schuften zu Dumpinglöhnen als Werk- oder als Leiharbeitnehmer. Zugleich lesen wir fast täglich in den Zeitungen, Konzernvorstände erhalten Millionenbeträge und Top-Boni, wenn ihre Firmen keinen oder nur kaum Gewinn machen.
Der DGB-Chef beklagt die gewerkschaftsfeindliche Einstellung vieler Arbeitgeber.
"Gut die Hälfte aller siebenhundert Arbeitgeberverbände hat sich auf diesen Unfug eingelassen, Betrieben eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung zu ermöglichen. Das sind keine Randphänomene, dieses sind Beispiele eines tristen Alltages in unserer sozialen Marktwirtschaft."
DGB-Chef Reiner Hoffmann fordert eine Debatte über den Wert der Arbeit.
"Wo Neid, Gleichgültigkeit und Desorientierung überhand nehmen, drohen soziale Spaltung und Endsolidarisierung."
Gewerkschaften, so DGB-Chef Reiner Hoffmann, müssten europaweit und international mehr zusammenarbeiten. Nationale Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft seien längst nicht mehr ausreichend.
Mehr zum Thema