Tabakanbau in der Pfalz

Ein bisschen Gift kann nicht schaden

Eine Zigarette, bei der Rauch aufsteigt, auf einem Aschenbecher, in dem mehrere ausgedrückte Zigaretten und Streichhölzer liegen, vor schwarzem Hintergrund
Seit vier Jahren erhalten die Tabaklieferanten der Zigarettenindustrie keine Subventionen mehr von der EU. © picture alliance / Romain Fellens
Von Ludger Fittkau · 09.09.2014
Die Familie von Guido Hörne baut seit Generationen Tabak an. Der Pfälzer sieht im Rauchen einer Zigarette oder Zigarre eine Kultur des Genusses. Trotzdem zwingt er niemanden, zu Rauchen - schließlich kann man seinen Tabak auch trinken: als Schnaps.
Er ist ein Genussmensch. Das sieht man Guido Hörner sofort an. Ein freundliches rundes Gesicht, ein stattlicher Bauch. Gelegentliches Rauchen gehört für den 61 Jahre alten Pfälzer (einfach) zu einem gelingenden Leben dazu. Wie ein guter Silvaner, der in seinem Heimatdorf angebaut wird, ab und zu darf es sicher auch ein frischer Saumagen sein:
"Rauchen ist natürlich schädlich. Genauso, wer zu viel säuft oder zu viel frisst, wie ich das manchmal mache, alles im Überfluss. Das wird wohl nicht gut sein. Aber nach einem guten Essen gehört eine Zigarre oder ein Zigarillo oder eine Zigarette einfach zur Kultur."
Schon der Urgroßvater pflanzte Tabak
Diese genussvolle Rauchwaren-Kultur schafft sich Guido Hörne einfach selbst. Denn er ist Tabakpflanzer. Wie schon seine Vorfahren.
"Bei uns wird seit Generationen Tabak gepflanzt. Schon mein Urgroßvater, Großvater, Vater. Wie auch ich seit 40 Jahren, der Junior, der hat inzwischen die Tabakblätter auf dem Namen. Der produziert eigentlich den Tabak und ich bin der, der das ein bisschen mit begleitet."
Das ist maßlos untertrieben. Guido Hörner "begleitet den Tabakanbau" in seinem Dorf Ottersheim in der Südpfalz nicht nur "ein bisschen" mit. Er betreibt ihn mit Hingabe und Leidenschaft. Nicht nur wegen des Geldes, das der Familienbetrieb gut gebrauchen kann. Guido Hörner hat eine Mission. Sie lautet: Der Tabakanbau sichert die Attraktivität der kleinteiligen Kulturlandschaft der Südpfalz und erweitert die Genussmöglichkeiten, die es hier im Wein-und Gemüseland ohnehin reichlich gibt:
"Das ist ganz selbstverständlich, dass in der Südpfalz die Landwirte Vielfalt auf die Felder stellen, wie sie auch den Radfahrern und den Erholungssuchenden gefällt. Deswegen nimmt auch der Tourismus hier im Landkreis Germersheim beziehungsweise südliche Weinstraße immer mehr zu. Weil es den Leuten immer mehr gefällt, die Vielfalt, die ebene Landschaft, die guten Fahrradwege. Wir bringen da schon etwas Besonderes auf die Beine in Deutschland, wenn sie unsere Gegend anschauen."
Apfelbrand mit Tabakblättern
Tabakanbau ist also Tourismusförderung, sorgt für Abwechslung auf dem Acker. Eine eigene "Pfalz-Zigarre" bietet Guido Hörner den Genuss-Süchtigen in der Pfalz als i-Tüpfelchen nach reichhaltigem Essen und süffigen Weinen an. Hörner will niemanden zum Rauchen verführen. Aber man spürt, dass er diejenigen, die ganz auf den Tabakgenuß verzichten, im Grunde für bedauernswerte Wesen hält:
"Wir rauchen ab und zu nach einem guten Essen einen Zigarillo oder eine kleinere Zigarre."
Wer partout keinen Tabak aus der Südpfalz rauchen will, kann ihn auch trinken. Ergänzt Jörg Bähr, der die Geschäfte des hiesigen Tabakpflanzer-Verbandes führt:
"Und wir haben sogar einen Tabakschnaps, der ist auf der Basis eines Apfelbrandes, in dem Tabakblätter eingelegt werden in Fässer. So Spezialitäten, die wir hier so ein bisschen mit vertreiben."
Guido Hörner öffnet in seiner Scheune die Tür eines Ofens hinter der schon seit sechs Tagen der Tabak bei 70 Grad Celsius getrocknet wird. Wohlriechende Wärme strömt aus der Ofenkammer. Die Tabakblätter wirken wie zerknittertes Pergamentpapier, gelb und trocken. Noch bis in die 1980er Jahre hinein wurde Tabak in der Pfalz an der Luft getrocknet. Die Handarbeit, die dazu nötig ist, können sich die insgesamt noch 50 verbliebenen Tabakpflanzer der Südpfalz heute nicht mehr leisten:
"Es ist ganz einfach so, dass die luft-getrockneten Tabake in Billiglohnländern preiswerter erzeugt werden können als bei uns. Tabak ist sehr lohnintensiv."
Seit vier jahren keine EU-Zuschüsse
Die Trockenöfen fressen allerdings einen Euro pro Kilo Tabak an Energiekosten – auch kein Pappenstiel. Seit 2010 gibt es überdies keine EU-Zuschüsse mehr – dennoch lohnt sich der Tabakanbau in der Pfalz noch. Jörg Bähr:
"Wir haben viel Tabak im Wasserpfeifenmarkt. Also wir exportieren viel Tabak Richtung arabische Länder und dann haben wir seit ein paar Jahren den nachhaltigen Anbau hier für uns entdeckt- Biotabak – das dürfen wir leider nicht sagen. Weil Bio mit gesund assoziiert wird . Also 'Organic Tabak'."
Virginia- Tabak – in der Pfalz angebaut ohne Spritzmittel, verkauft ohne Zusätze an arabische Wasserpfeifenraucher und US-amerikanische Öko-Tabakfans.
"Ein bisschen Querdenker muss man schon auch sein. Weil die Tabakkultur in einem globalen Markt ist und wir nach Nischen suchen, in denen wir überleben können. Und da muss man schon mal um die Ecke denken um zu erschließen: Wo kann ich denn eine Wertschöpfung im globalen Markt auch in Deutschland noch erreichen."
Die Trocken-Öfen mit der Ernte des Morgens sind gefüllt, nach harter Ernte-Arbeit gehen die Helfer der Tabak-Pflanzer in die wohlverdiente Mittagspause. Bis Ende September wird in der Südpfalz weiter Tabak geerntet und getrocknet. Im Spät-Herbst und Winter dampfen dann in den arabischen Ländern die Wasserpfeifen - mit dem gold-gelben Virgina-Tabak aus der Pfalz.
Sein Fazit - bisschen Gift kann nicht schaden - davon ist Guido Hörner, der sich als Landwirt, Tabakanbauer, Lebemensch und Pfleger von Tradition und Kulturlandschaft versteht, überzeugt. Auch wenn er beim Anbau der Tabakpflanzen ganz auf den Einsatz von Spritzmitteln verzichtet.
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