T-Book der TU Chemnitz

Brillante Fotos mit Tonkulisse

Im Printlabor der Technischen Universität in Chemnitz blättert eine Studentin am 28.04.2015 in einem Buch mit integrierten Lautsprechern. Das sogenannte T-book (Ton-Buch) zeigt die Bilder des World Press Photo Awards und bringt diese zum Klingen.
Im Printlabor der Technischen Universität in Chemnitz blättert eine Studentin in sogenannten T-Book (Ton-Buch). © picture-alliance / dpa / Hendrik Schmidt
Von Peter Kaiser · 06.08.2015
Der World Press Photo Wettbewerb war Startschuss für ein neues Medium. Das Institut für Print- und Medientechnik der TU Chemnitz stattete einen Bildband der Siegerfotos als T-Book aus - ein Ton-Buch mit gedruckter Elektronik. Der Effekt ist verblüffend.
Arved Hübler: "Wir haben hier unser sprechendes Buch, oder T-Book, wie wir die Technologie nennen. Das ist ein großformatiger Bildband, kann man sagen, wo man sehr eindrucksvolle Bilder von dem World-Press-Wettbewerb sieht, und wenn man die Seiten umblättert, dann kommt…"
"Malaysian-Airlines-Flight Seventeen traveled from Amsterdam to Kuala Lumpur..."
Arved Hübler: "Das sind jetzt die Bilder von dem Absturz in der Ukraine."
Die Fotos, die Arved Hübler, Professor am Institut für Print- und Medientechnik an der Technischen Universität Chemnitz zeigt, sind die Siegerfotos des 58. World Press Photo Wettbewerbs. Von über 98 000 Fotos aus 131 Ländern siegten 42 Fotos. Darunter auch jenes, das einen noch im Sitz angeschnallten Passagier mitten in einem Feld zeigt:
"Ja, also das sind bewegende Fotos, und ich denke, durch den Klang, den man jetzt dazu bringt, kriegt man noch mal ne neue Dimension hier."
Jede Fotoseite klingt
Der Effekt ist verblüffend und neu. Blättert man eine Seite im T-Book, im Ton-Buch, auf, ertönt aus dem Blatt entweder eine Stimme oder Musik. Jede Fotoseite klingt, wenn man sie bewegt.
Arved Hübler: "Die meisten Lautsprecher, die wir so kennen aus dem Alltag, die haben ja eine Spule und einen schweren Magnetkern. Diese Spule bewegt sich dann und setzt dann diese Membrane in Bewegung. Das ist hier alles nicht nötig. Sondern das Papier ist quasi auch die Membran, und es wird diese piezoelektrische Schicht aufgedruckt, die dann zu schwingen beginnt."
Jede Seite im T-Book besteht wie eine Art Waffel aus Vorder- und Rückseite. Im herkömmlichen Siebdruckverfahren wird eine dünne Schicht eines piezoelektrischen Polymers, ein spezieller Kunststoff, der seine Dimension unter Spannung ändert, auf das Papier gedruckt, und die Seiten zusammenlaminiert:
"Sie müssen dann noch zwei Elektroden drucken, sodass quasi ein Kondensator entsteht, in dem dann dieses elektrische Feld die Piezoschwingung stimuliert."
Die Steuerung steckt im Einband
Im Einband des T-Books versteckt sich die Steuerung der Lautsprecher:
"Das ist eine ganz normale SD-Karte, so eine Karte, die man auch vom Fotoapparat kennt. Dort sind die Töne abgelegt. Dann braucht man auch einen Verstärker, der diese Töne verstärkt und auf die Lautsprecher gibt. Und natürlich eine Energiequelle, Batterien, das ist hier alles in die Buchdecke eingebracht. Sodass es eigentlich auch nicht auffällt."
Durch aufgedruckte Sensoren registriert das Buch, welche Seite der Leser öffnet. Die Steuerungselektronik spricht den Datenspeicher an, der Lautsprecher ertönt. Der Lese- und Hörspaß kann recht lange gehen. Die Mikrobatterien reichen für 20 Stunden Dauerbetrieb. Per Mini-Stecker sind sie dann wieder aufladbar.
Arved Hübler: "Das Papier an sich, das können Sie auch am Ende in den Papierabfall werfen, das ist ein normales Papier, was bedruckt ist. Da ist nix schädlich, und es ist auch nicht besonders empfindlich."
Neue Seite, neues Siegerfoto.
"Wenn man dann umblättert, hört die Musik auf, und dann kommt die nächste Geschichte."
Emotionaler Nutzen für den Leser
Die Bilder sind verstörend und beunruhigend, die Texte aus den Bildern auch. Auf einem ist zu sehen, wie im Iran eine Mutter dem Mörder ihres Sohnes mit einer Ohrfeige vergibt. Sie hätte auch die Wahl gehabt den Stuhl, auf dem der Verurteilte mit der Schlinge um den Hals steht, wegzustoßen.
Das T-Book ist nicht nur irgend eine technische Spielerei. Die Kombination von Bild und Ton bietet dem Nutzer eine neue Emotionalität.
Arved Hübler: "Ich vergleiche das immer so wie der Schritt vom Stummfilm zum Tonfilm, so haben wir jetzt den Schritt vom stummen Buch zum Tonbuch, das wird natürlich nicht für jedes Buch sinnvoll sein. Aber ich denke schon, dass wir in Zukunft das eine oder andere Buch, oder auch Buchinhalt haben werden, der mit dem zusätzlichen Ton auch wirkliche Erweiterung erfährt, die sinnvoll ist."
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