Syrien-Krise

Endstation Athen

Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan bei ihrer Ankunft in der griechischen Hafenstadt Pylos
Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan bei ihrer Ankunft in der griechischen Hafenstadt Pylos © picture alliance / dpa / Nikitas Kotsiaris
Von Thomas Bormann · 10.07.2014
Auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg landen viele syrische Flüchtlinge in Griechenland. Doch der EU-Staat hat kein Geld, um sie zu unterstützen. Arbeit gibt es auch nicht. Und so blüht das Geschäft der Schlepperbanden.
Auf den ersten Blick geht es Ibrahim und seiner Frau einigermaßen gut. Sie wohnen mit ihren vier Kindern in einer eigenen Wohnung im Nordwesten Athens – klein zwar, nur knapp 60 Quadratmeter, aber besser als ein Flüchtlingslager. Als ihre Heimatstadt Azaz im Norden Syriens zerstört wurde, war für die Familien klar, wohin sie flüchten würden: nach Athen. Schließlich hatten sie früher dort schon einmal gelebt und gearbeitet. Das war noch lange vor der Krise in Griechenland. Jetzt als Flüchtlinge haben sie Athen kaum wiedererkannt. Sie sehen hier überhaupt keine Zukunft für sich und vor allem für die Kinder. Der 44-jährige Ibrahim schafft es kaum, die 220 Euro Monatsmiete zusammenzukratzen:
"Manchmal finde ich etwas Arbeit, so für einen Tag in der Woche. Hilfsdienste, aber nichts Richtiges. Ich bin Schneider, das kann ich gut. Aber alle wollen Papiere sehen, sonst stellt mich keiner ein. Deshalb wollen wir weg von hier – in die Türkei oder nach Deutschland oder ..."
10.000 Euro verlangen die Schlepper für die Flucht einer Familie
Verwandte von Ibrahim sind in die Türkei geflüchtet und haben dort Arbeit gefunden. In Griechenland aber gibt es weder Arbeit noch einen Cent staatliche Unterstützung für Flüchtlinge. Deshalb machen Schlepperbanden auch in Athen gute Geschäfte. Sie versprechen syrischen Flüchtlingen, sie aus Griechenland heraus in Richtung Nordeuropa zu bringen. Für eine Familie kostet das so 10.000 Euro, schätzt ein Freund, der bei Ibrahim zu Besuch ist. Ibrahim schaut oft die Nachrichten im Fernsehen und verzweifelt. Der Krieg in Syrien wird immer schlimmer. Dorthin kann seine Familie nicht zurück.
"Die großen Länder – Russland, Amerika, auch Deutschland – müssen versuchen, das Feuer in Syrien zu löschen. In Libyen hatten die ja damals auch eingegriffen und Gaddafi gestürzt. Aber in Libyen gibt es Öl. Den großen Ländern geht es doch nur ums Öl. Wenn unsere Kinder Öl in ihren Adern hätten und nicht Blut – alle würden sofort einschreiten. Aber wir haben nicht so viel Öl – leider."
Immerhin haben Flüchtlinge aus Syrien ein Bleiberecht
Dann könnten die großen Länder doch wenigstens den Flüchtlingen aus Syrien helfen, sie aufnehmen, meint Ibrahim. Er weiß, dass besonders viele Flüchtlinge nach Griechenland kommen, weil es eben an der Außengrenze der EU liegt. Gleichzeitig aber steckt Griechenland tief in der Krise, kann den Flüchtlingen nicht helfen. Immerhin haben Flüchtlinge aus Syrien ein Bleiberecht in Griechenland. Sie werden nicht, wie Flüchtlinge aus anderen Ländern, abgeschoben. Aber, so sagt Keti Kehayoglou vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen:
"Mit diesem Bleiberecht sind aber keinerlei andere Rechte verbunden. Es gibt keine Unterkünfte, keine Sozialhilfe vom Staat – bis auf ein paar wenige Ausnahmen. Es gibt keine Verpflegung und keine medizinische Versorgung, nur in Notfällen können die Leute ins Krankenhaus."
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