Sven-Eric Bechtolf

Von billigen Singspielen und harmlosen Dramen

Der Schauspieler und künstlerische Leiter der Salzburger Festspiele Sven-Eric Bechtolf in der Rolle des Doktors in Thomas Bernhards "Der Ignorant und der Wahnsinnige" im Landestheater in Salzburg, auf genommen bei einer Fotoprobe am 12.8.2016.
Der Schauspieler und nun ehemalige künstlerische Leiter der Salzburger Festspiele, Sven-Eric Bechtolf, in der Rolle des Doktors in "Der Ignorant und der Wahnsinnige" von Thomas Bernhard © picture alliance / dpa / Kerstin Joensson
Von Sven Ricklefs · 30.08.2016
Interimsintendant Sven-Eric Bechtolf verlässt die Salzburger Festspiele. Sven Ricklefs ist mehr als froh darüber: Bechtolfs Zeit in Salzburg sind für unseren Theaterkritiker künstlerisch verlorene Jahre mit viel zu viel banalem Boulevard-Theater.
Gott sei Dank, die Bühne hat ihn wieder, denn da gehört er hin, auf die Bretter: der Schauspieler Sven-Eric Bechtolf.
Jetzt spielt er wieder, was er die letzten fünf Jahre nicht getan hat, da war er Schauspieldirektor und später auch noch Interimsintendant, letzteres allerdings eher unfreiwillig.
Zum Abschluss seiner Zeit bei den Salzburger Festspielen hat er sich eine Paraderolle geschenkt in Thomas Bernhards "Der Ignorant und der Wahnsinnige": den Arzt. Das ist einer von denen, die - wenn sie anfangen, sich in ihre Tiraden hineinzureden - eigentlich nie mehr aufhören.
Bechtolf spielt das allerdings so losgelassen, dass von dem schön verzweifelten Zynismus Thomas Bernhards nur noch der Boulevard übrigbleibt. Aber das wird schon wieder.

Viel Unterhaltungstheater, viel seichte Muse

Boulevard war allerdings in den letzten Jahren ziemlich häufig zu erleben bei den Salzburger Festspielen. Vornehmlich im Schauspiel, für das Bechtolf verantwortlich zeichnete: viel Unterhaltungstheater, viel seichte Muse.
Im letzten Jahr wurde die besonders zelebriert, indem nicht nur die von Henry Mason zum billigen Singspiel herunter gedimmte "Komödie der Irrungen" von Shakespeare auf dem Programm stand, sondern dazu noch eine hoffnungslos banalisierte Brecht’sche "Dreigroschenoper", die hier unter dem Titel "Mackie Messer" über die Rampe kam.
Da hatte Bechtolf auch noch als Regisseur die Hände im Spiel, zusammen mit Julian Crouch, dessen ansehnliche Straßentheaterversion des "Jedermann" immerhin auch in den Verantwortungszeitraum des selbsternannten Tausendsassas fällt.

Schmerzfreies Heruntergeklingel von Stücken

Überhaupt holte sich Bechtolf auffällig viele Regisseure aus dem angelsächsischen Raum. In diesem Jahr etwa Deborah Warner, die mit ihrer harmlos langweiligen Version von Shakespeares "Sturm" noch einmal genau jenen Theatergeschmack traf, den Sven Eric Bechtolf hier in den letzten Jahren zu etablieren suchte: Gefälliges, schmerzfreies Heruntergeklingel von Stücken ohne jegliche inhaltliche oder ästhetische Vision.
Das muss man leider auch über den in der Regie von Bechtolf auf die Bühne gebrachten Mozart/da Ponte-Zyklus sagen, der mit "Don Giovanni", "Cosi fan tutte" und der "Hochzeit des Figaro" in diesem Jahr erstmals als Gesamtpaket über die Bühne lief. Mit ihm hatte Bechtolf als Regisseur mehr Einfluss auch auf den Opernbereich der letzten Jahre, als er nun in den beiden Interimsjahren als Intendant ausüben konnte.
Da war er eher der Nachlassverwalter des nach nur drei Jahren mit fliegenden Fahnen von den Salzburger Festspielen an die Scala geflohenen Alexander Pereira. Der wurde – als konservativer Garant des ewig Gleichen - bei seiner Wahl dem für Innovation und Wagnis stehenden Markus Hinterhäuser vorgezogen.

Mit Markus Hinterhäuser kommt auch die Hoffnung

Dass nun ausgerechnet dieser Markus Hinterhäuser im nächsten Jahr die Salzburger Festspiele als Intendant übernehmen wird, spricht für Hoffnung, schließlich hat der doch gerade fünf erfolgreiche Jahre als Leiter der Wiener Festwochen hinter sich gebracht.
Die letzten fünf Jahre in Salzburg dagegen muss man vor allem im Schauspiel als künstlerisch verlorene verbuchen. Aber Schwamm drüber, denn ein Wiedersehen soll es ja geben mit Sven Eric Bechtolf, aber bitte: nur auf der Bühne!
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