Südafrika

Das Gedächtnis der Kunst

Von Rudolf Schmitz · 04.02.2014
Die Arbeit des Gegenwartskünstlers William Kentridge ist bestimmt durch die jüngste Geschichte seiner Heimat Südafrika – sie sei eine "Ausgeburt der brutalisierten Gesellschaft, die die Apartheid hinterlassen hat", sagt er.
Seine Eltern waren Juristen und in der Anti-Apartheid-Bewegung engagiert. Als einer der ersten weißen Anwälte verteidigte sein Vater die Aktivisten rund um Nelson Mandela. William Kentridge, 1955 in Johannisburg geboren, studierte zunächst Politik, ehe er sich dem Kunststudium widmete. Zusammen mit Kommilitonen gründete er ein Agitations-Theater, arbeitete als Schauspieler, Bühnenbildner, Regisseur und Schriftsteller. International bekannt wurde William Kentridge allerdings mit seinen Animationsfilmen, die auf der Basis von Kohlezeichnungen entstanden. Er hatte eine eigentümliche Technik entwickelt, seine Zeichnungen durch Ausradieren, Verwischen und Überzeichnen in Bewegung zu versetzen.
Die Animationsfilme sprachen von der verdrängten und verleugneten Geschichte der Apartheid, sie schilderten Gewaltexplosionen, Ausbeutung und Unterdrückung, schließlich das hemmungslose Wachstum der südafrikanischen Wirtschaft. Es war Catherine David, die auf ihrer documenta von 1997 den südafrikanischen Künstler einem großen Publikum bekannt machte, mit Filmen wie "Felix in Exile", der stark autobiografische Züge trug.
Der Animationsfilm – sein Markenzeichen
William Kentridges Filme schlagen in Bann, weil sie surrealistische Traumlogik und drastische Figurenzeichnung, einfachste Animationstechnik und verblüffende Poesie miteinander verbinden. Auf der documenta von 2002 zeigte der Künstler eine Oper nach dem Roman "Zeno Cosini" von Italo Svevo, weil ihn das zögerliche Wesen der intellektuellen Hauptfigur an die Verhältnisse im Bürgertum Südafrikas erinnerte.
Der südafrikanische Künstler William Kentridge im Studio von Deutschlandradio Kultur.
Der südafrikanische Künstler William Kentridge im Studio von Deutschlandradio Kultur.© Deutschlandradio - Bettina Straub
Diese eigenartige Mischung aus Schauspiel, Puppentheater und Animationsfilm wurde Kentridges Markenzeichen, ob er nun "Woyzeck" inszenierte oder Mozarts "Zauberflöte". Auch auf der documenta von 2012 war William Kentridge wieder vertreten, dort überraschte er mit einer Installation aus Objekten, Animationsfilmen und eigens komponierter Musik, die wie eine verrückte Dada-Revue daherkam.
Thema war die Relativität der Zeit, der vergebliche Versuch des Menschen, die Zeit anzuhalten und sie in seinem Sinne zu manipulieren. Auch wenn in seinen aktuellen Arbeiten das politische Engagement zurück zu treten scheint, findet William Kentridge doch immer wieder unvergessliche Bilder für das traurig erhabene Theater der menschlichen Geschichte

Hören Sie hier ein Gespräch mit William Kentridge.

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