"Studio Shap Shap"

Musikalischer Mix aus Tradition und Moderne

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Die Band Studio Shap Shap bei einer Session in Niamey. © Arndt Peltner
Von Arndt Peltner · 15.12.2016
Die Musikgruppe Studio Shap Shap ist in Nigers Hauptstadt Niamey beheimatet. Sie faszniert mit einer merkwürdig anmutenden Fusion aus Spoken Word und Feldaufnahmen traditioneller Musik. Sowohl afrikanische als auch westliche Instrumente kommen dabei zum Einsatz.
Am letzten Tag der Reise kam ich an einem Freitagnachmittag in diesen Garten, in der Mitte ein selbstgebauter Pavillon aus Stöcken und Stroh. Es war drückend heiß. Hier, in einer Seitenstraße von Niamey, wohnt Laetitia Cecile mit ihrem Mann und ihrem Sohn. Sie kam ursprünglich von der französischen Insel La Réunion und lebt seit zwölf Jahren im Niger. Laetitia ist eine kleine, zarte, gut aussehende Frau und voller Energie. Sie hat die sechsköpfige Gruppe "Studio Shap Shap” zusammen gebracht.

E-Bass trifft auf Kindé

Studio Shap Shap sind fünf Männer und eine Frau. Es ist ein Aufeinandertreffen von musikalischen Welten. Traditionelle, selbst gebaute Instrumente, wie die Komsa, eine vor allem im Niger und in Ghana verbreitete Banjoart, oder die Kindé, eine Ziegenfell-Harfe aus dem Tschad. Dazu ein E-Bass, Piano, ein Holz-Xylophon, Kalebassen, und: "Spoken Word". Und all das findet hier in diesem Garten live zusammen. Im Hintergrund hört man da schon mal den Straßenlärm, die Vögel zwitschern, ein Kind schreien - doch all das geht in diesem reichhaltigen Klangbad auf. Der Alltag wird hier sozusagen integraler Bestandteil der Musik.

"Es geht um uns, jeder bringt seine eigenen Einflüsse mit. Ich habe eine klassische Musikausbildung am Konservatorium erhalten. Aber ich höre auch viel elektronische und traditionelle Musik. Genauso wie die anderen Musiker, und das alles trifft sich hier, wird ausgedrückt, um uns zu gefallen. Wir kommunizieren so miteinander und versuchen damit den anderen zu berühren. Für mich ist alles Musik, die Vögel, der Lärm der Straße, der Schrei eines Kindes oder Bettlers. Deshalb bringe ich zwölf Jahre an Feldaufnahmen im Niger in unsere Musik ein."

Mit Händen und Füßen

Laetitia Cecile hat Musiker zusammengebracht, die im Niger durchaus bekannt sind, doch wie so oft nicht von ihrer Musik leben können. Einer von ihnen ist Oumarou Adamou, der seit über 20 Jahren auf der Bühne steht:
"Oumarou Adamou ist einer der größten Trommler im Niger, für mich sogar in Afrika. Er spielt diese zwei unglaublichen Instrumente, meistens die Douma, ein traditionelles Instrument aus der Stadt Maradi, das aus zwei Kalebassen und einem Seil besteht. Er hat dazu zwei Stöcke und legt die Füße auf die Douma, so verändert er die Töne."
Es ist wahrlich mehr als beeindruckend zuzusehen, wie Adamou Oumarou sein Instrument mit Händen und Füßen bearbeitet. Töne und Rhythmen aus den Kalebassen hervor holt, die einen unglaublich vollen Klang entwickeln. Und dabei dieses Lächeln auf seinem Gesicht. Die anderen Musiker um ihn herum lassen sich von ihm mitziehen, bevor ein anderer wieder den Ton vorgibt.
"Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Das ist schwierig. Für mich geht es bei Studio Shap Shap nicht um einen Sänger, dafür arbeiten wir nicht. Wir kommen zusammen und hören aufeinander, nicht auf einen Gitarristen. Wir antworten nicht auf ein Klischee, wie afrikanische Musik sein sollte. Es geht nicht ums Tanzen, nicht um einen Sänger mit einer unglaublichen Stimme, der seichte Texte, wie "das Leben hier ist schwer” singt. Wir haben etwas anderes zu sagen und weiterzugeben."

Die Texte sind oftmals Geschichten aus der Region, aus der der alte Mann der Gruppe, Sänger oder Spoken Word Künstler, Boubé kommt. Aber es können auch einfache Worte aus den Field Recordings sein, die zum Liedtext werden. Etwas Da-da im Niger.

Schräger Mix

Genau hier in diesem Garten ist auch die erste CD von Studio Shap Shap entstanden, Château 1 heißt sie und ist eine Live-Einspielung. Laetitia erzählt, es wäre genauso gewesen, wie ich es an jenem Freitagnachmittag erlebt habe. Ein reichhaltiges Klangbad aus verschiedenen Genres, Traditionen, Field Recordings und Spoken Word. All das live zusammen gespielt. Sechs Sprachen finden in den Songs von Studio Shap Shap Verwendung, neben Französisch vor allem das in Westafrika am meisten gesprochene Hausa und das regional weit verbreitete Fulfulde. Die Musik von Studio Shap Shap ist so ganz anders, als das, was wir Europäer von der Musik in dieser Region Afrikas erwarten. Ja, es mag für uns Weltmusik sein, die jedoch in diesem Garten in Niamey einen ganz besonderen Dreh erhält und damit nicht in den altbekannten und klischeebeladenen Klangbildern verharrt. Das macht Studio Shap Shap aus. Hier die musikalische Offenheit und da die Verbindung aus Tradition und Moderne.