Studienfach Theologie

Ist der Rückgang der Studierendenzahlen aufzuhalten?

Eine Studentin der Schulpädagogik schreibt am 17.10.2012 während einer Vorlesung in einem vollen Hörsaal in der Universität in Tübingen (Baden-Württemberg) mit.
"Theologie studieren ist cool" wird in den kommenden Wochen noch in Dessau und Magdeburg präsentiert. © picture alliance / dpa - Jan-Philipp Strobel
Von Bernd Sobolla · 08.05.2016
Es gibt Studienfächer, die sind heiß begehrt. Die Theologie gehört nicht dazu. Eine kleine Gruppe katholischer Studenten der Universität Erfurt will das ändern und wirbt mit dem Slogan: "Theologie studieren ist cool."
Heiligenstadt in Thüringen, Mitte April: Die Studierenden Franziska Kleiner und Markus Wetter haben in der Bildungsstädte Marcel Callo Haus die Stühle in Reihen gestellt, ihren Laptop an den Beamer angeschlossen und sich noch mal durch die Präsentation geklickt. In einer halben Stunde erwarten sie die Interessenten, die sich von ihren Plakaten und Flyern "Theologie studieren ist cool" angesprochen fühlen. Aber warum studieren sie selbst eigentlich Theologie?
Franziska Kleiner: "Für mich war Theologie schon immer ein spannendes Fach, und ich habe gerne was mit meinem Glauben gemacht und mich auch in der Gemeinde engagiert. Ich finde die Strukturen der Kirche, die sie im Seelsorgebereich aufweist, auch total faszinierend."
Markus Wetter: "Ich studiere im Hauptfach Katholische Theologie und im Nebenfach Management, Ich denke, es ist einfach die Zukunft gerade im Kirchenmanagement, in der Personalabteilung von karitativen Unternehmen, Altenheimen etc. Weil man dort das Spirituelle mit dem Rationalem irgendwie ein wenig zusammen hat."
Und die Universität Erfurt ist die einzige Universität in Deutschland, die die Kombination Katholische Theologie und Management anbietet. Ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem man junge Leute, die bei Theologie nicht gleich ans Priesteramt denken, vielleicht überzeugen kann. Schließlich gibt es unter den rund 200 Studenten an der katholischen Theologie in Erfurt ohnehin nur etwa zehn Priesteramtskandidaten. Professor Josef Römelt freut sich über die Initiative seiner Studenten, ihr Studienfach publik zu machen. Zumal er erlebt, dass sich einige Studenten Sorgen um ihre Zukunft machen.
"Die Kirche verliert an gesellschaftlichem Einfluss, die Mitgliederzahlen gehen zurück. Dann ist immer die Frage: Finde ich noch einen Beruf? Denn innerkirchlich scheint es schwieriger zu werden. Aber ich muss feststellen, dass ich immer wieder erlebe, wie Absolventen mittlerweile sehr kreativ in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ihre Standbeine finden und auch gerne genommen werden. Aufgrund ihres sehr umfassenden Studiums, das sie haben, der hohen Allgemeinbildung, die sie mitbringen, und auch einer gewissen sozialen Kompetenz."
Zu Tätigkeiten außerhalb der Kirche gehören zum Beispiel leitende Stellungen in Jugendhäusern, Bildungszentren, karitativen Organisationen oder auch im Kulturmanagement. Darauf wollen die Studenten auf ihrer Zwölf-Städte-Tour aufmerksam machen. Aber Markus Wetter und Franziska Kleiner sehen noch andere Vorzüge ihres Studiums.

Faszination Theologie

Markus Wetter: "Wir sind wenige in unseren Vorlesungen im Vergleich zu den anderen Studiengängen. Aber das macht es gerade noch besonders, weil wir einfach ein total familiäres Verhältnis haben in Erfurt und wie eine große Familie interagieren, mit zehn bis zwanzig Leuten in den Vorlesungen. Jeder kennt jeden und wir haben auch zu den Professoren ein total entspanntes persönliches Verhältnis. Das ist einmalig."
Franziska Kleiner: "Für uns ist natürlich die Faszination am Fach Theologie einfach ganz groß. Und wir wollen, dass mehr Leute den Sinn hinter theologischen Fragestellungen für ihr eigenes Leben im säkularen Umfeld auch verstehen und auch eine Menge mitnehmen können."
Zum "Mitnehmen können" gehört jedoch zunächst, dass – im Idealfall – möglichst viele Interessenten kommen.
Markus Wetter: "Also ich glaube, wenn wir heute 10, 15 zusammenbekommen, wäre das schon ein Erfolg. Ich denke, das ist auch die Größenordnung, mit der wir rechnen können, hoffen."
Aber Heiligenstadt macht seinem Namen keine Ehre. Zwar erscheinen Vertreter der Lokalpresse und des Fernsehens, aber nicht ein einziger potentieller Student. Eine Woche später, bei der nächsten Veranstaltung in Görlitz, finden sich immerhin zehn Abiturienten ein, die mit der katholischen Theologie liebäugeln. Die Veranstaltung in Potsdam hingegen, die zeitgleich stattfindet, bleibt ohne Interessenten. Die Organisatorinnen zeigen sich dennoch unbeeindruckt. Angelika Todtwalusch nutzt die Zeit und erzählt, dass sie die einzigartige Fächerkombination Theologie und Management wieder aufgegeben hat, da sie sich mehr von der Theologie angezogen fühlt als von Unternehmensführung. Sie denkt daran, nach Abschluss des Studiums Gemeindereferentin zu werden.
"Die Arbeit mit meinem Glauben, mit Menschen, die auf einem Weg zu begleiten, von jung bis alt, mit verschiedenen Altersgruppen, individuell zu arbeiten, finde ich toll."

Nicht nur Berufung

Mit dem Ansatz, Theologie nicht nur als Berufung und Ruf in ein kirchliches Amt zu sehen, versucht man in Erfurt, die stagnierende Zahl von Theologie-Studenten zu steigern. Die Studentin Franziska Illmberger beobachtet, dass sich dadurch vereinzelt auch andere Menschen für das Studium interessieren.
"Also wir haben zum Beispiel auch Studenten, die davor evangelisch waren und sich überlegt haben: Hm, katholische Theologie würde sie auch einfach mal interessieren. Es gibt auch viele, vor allem Seniorenstudenten, die sagen, sie finden es vom Fach her spannend, ohne jetzt zwingenderweise eine konkrete Beziehung zur Kirche zu haben."
"Theologie studieren ist cool" könnte also durchaus auch für kirchenfernere Menschen gelten. Das geringe Interesse an den Veranstaltungen der Werbetour lässt allerdings vermuten, dass der Rückgang der Studierendenzahlen insgesamt kaum aufzuhalten ist.
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