Studie der Bertelsmann Stiftung

    Alleinerziehende in der Finanzfalle

    Zwei Mütter mit ihren kleinen Kindern
    Zwei alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern im Berliner Wohnprojekt "Jule" © dpa / picture alliance / Florian Schuh
    10.03.2014
    Reformen im Unterhaltsrecht und im Steuer- und Sozialrecht hätten in den vergangenen zehn Jahren den Druck auf Alleinerziehende erhöht, kritisiert die Bertelsmann Stiftung. Viele stecken nun in einer "Sozialleistungsfalle".
    Kinder von Alleinerziehenden leben fünfmal häufiger von Hartz IV als Kinder in Paarfamilien. Von den 1,6 Millionen Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern seien 39 Prozent auf staatliche Grundsicherung angewiesen, heißt es in einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Jedes zweite der insgesamt 1,9 Millionen Kinder, die von Hartz IV leben, wächst in einer Ein-Eltern-Familie auf.
    "Wer Kinderarmut bekämpfen will, muss die rechtlichen und familienpolitischen Rahmenbedingungen für alleinerziehende Eltern verbessern", fordert Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Denn die Studie zeige, dass Ein-Eltern-Familien in unterschiedlichen Rechtsbereichen systematisch benachteiligt würden.
    Die Studie "Alleinerziehende unter Druck" wurde von der Darmstädter Rechtswissenschaftlerin Anne Lenze im Auftrag der Bertelsmann Stiftung verfasst.
    Viele Alleinerziehende seien in einer "Sozialleistungsfalle", sagt Bertelsmann-Programmdirektorin Annette Stein im Bericht von Gudula Geuther im Deutschlandradio Kultur. "Alleinerziehende können verschiedene Sozialleistungen des Staates in Anspruch nehmen. Das Problem ist, dass diese Dinge immer miteinander irgendwie verrechnet werden. So dass häufig gerade für Alleinerziehende gilt: Das, was an staatlicher Unterstützung gegeben wird, kommt gar nicht an."
    Altersgerechte Bedürfnisse ermitteln
    Die Bertelsmann Stiftung schlägt vor, die Begrenzungen beim Unterhaltsvorschuss aufzuheben, den Mütter bei den Kommunen beantragen können. Momentan bekommen Alleinerziehende für Kinder bis unter sechs Jahren 133 Euro pro Monat, wenn der Unterhalt nicht regulär geleistet wird, für Kinder bis unter zwölf Jahren 180 Euro pro Monat. Langfristig müssten die altersgerechten Bedürfnisse ermittelt und dann allen Kindern garantiert werden, fordert die Studie.
    Kindesunterhalt und Unterhaltsvorschuss würden bei Alleinerziehenden als Einkommen angerechnet, so dass sie von dieser Unterstützung weniger oder gar nichts erhielten. Auch Kindergelderhöhungen gingen an den Betroffenen oft vorbei, weil das Kindergeld bei Hartz-IV-Bezug vollständig angerechnet wird. Durch die Abschaffung des höheren Haushaltsfreibetrags für Alleinerziehende würden sie fast ebenso hoch besteuert wie Singles.
    Schwesig will Freibetrag erhöhen
    Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sprach sich für mehr steuerliche Förderungen für Alleinerziehende aus. Die Ministerin will den sogenannten Entlastungsfreibetrag erhöhen, den Alleinerziehende pro Kind bei der Steuer geltend machen können. Er liegt derzeit bei 1.308 Euro pro Jahr. Eine Erhöhung wurde bereits im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt.
    Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter schlug eine Kindergrundsicherung vor, in der alle kindbezogenen Leistungen zusammengeführt werden: „Im Steuerrecht, beim Unterhaltsvorschuss und beim Kinderzuschlag besteht kurzfristig dringender Reformbedarf.“ Ähnlich äußerte sich die Arbeiterwohlfahrt: Die staatliche Unterstützung für Alleinerziehende sei auch eine wirksame Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut, sagte der Vorstandsvorsitzende Wolfgang Stadler.
    scr/epd
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