Streit um das Deutsche Polen-Institut

Von Ludger Fittkau · 25.10.2013
Rheinland-Pfalz will dem Deutschen Polen-Institut in Darmstadt Fördergelder in Höhe von 200.000 Euro streichen. Unterstützer des Instituts werfen der rot-grünen Regierung in Mainz deshalb "Geschichtsvergessenheit" vor.
Altkanzler Helmut Schmidt hat sich gemeinsam mit dem langjährigen Bremer SPD-Bürgermeister Hans Koschnick an die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer – ebenfalls SPD - gewandt. Sie soll die beschlossene Streichung der rheinland-pfälzischen Zuschüsse für das Deutsche Polen-Institut in Darmstadt zurücknehmen.

Das Institut war 1980 gegründet worden, um die deutsch-polnischen Kulturbeziehungen in Zeiten des Kalten Krieges zu verstärken. Hessen und Rheinland-Pfalz übernahmen damals einen Großteil der Finanzierung der Kultureinrichtung, die in der Darmstädter Künstlerkolonie Mathildenhöhe angesiedelt wurde. Die ehemalige "Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff wurde die erste Präsidentin des Instituts. Heute ist es die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth.

Schlüsselfigur im Alltag der Einrichtung war der Literaturübersetzer und Autor Karl Dedecius, wie Dönhoff Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels.

"Ich bin in Polen aufgewachsen und kenne das intimer als andere Leute. Ich weiß: Das Volk war immer ärmer. Ärmer als die Russen und ärmer als die Preußen. Und ärmere Leute ziehen immer den Kürzeren."

Es sei "geschichtsvergessen", dass Rheinland-Pfalz nun ausgerechnet dem Deutschen Polen-Institut die rund 200.000 Euro Fördermittel streiche, sagt Jörg-Uwe Hahn, der stellvertretende hessische Ministerpräsident. Die rheinland-pfälzische Landesregierung wehrt sich. "Unverschämt" sei diese Äußerung Hahns, heißt es in einer Erklärung der Mainzer Staatskanzlei. Vera Reiss, Staatssekretärin im Mainzer Bildungsministerium:

"Es geht wirklich einfach ums Geld. Es wäre völlig falsch, da etwas hineinzuinterpretieren, was unsere guten Beziehungen zu Polen angeht. Ganz im Gegenteil: Wir sind der polnischen Regierung und dem polnischen Volk sehr, sehr verbunden. Und die Kürzungen des Institutes so zu interpretieren, als würden unsere Beziehungen mit Polen nur im Ansatz angekratzt werden, das wäre eine Missinterpretation."

Bedrohung für die deutsch-polnischen Beziehungen
Doch auch in Polen wird die Streichung des Geldes durch die Mainzer Landesregierung missbilligt. Der frühere polnische Außenminister Adam Daniel Rotfeld, dessen Eltern von Nazis ermordet wurden, hat eine Protestpetition unterzeichnet. Auch Bundespräsident Joachim Gauck und der polnische Staatspräsidenten Bronisław Komorowski sollen sich schon mit der Angelegenheit beschäftigt haben. Dieter Bingen, der heutige Leiter des Instituts:

"Die Gespräche werden sicher geführt auf den unterschiedlichsten Ebenen. Und da gibt es ja auch eine Entschließung des hessischen Landtags, nicht nur von CDU und FDP, sondern auch von Sozialdemokraten und Grünen, aus der ich auch gewisse Erwartungen aus Rheinland-Pfalz herauslese."

Die Hoffnung des Deutschen Polen Instituts: Der starke politische Druck auch aus dem eigenen Lager wird die rot-grüne Mainzer Landesregierung noch umstimmen. Klar ist: Der Streit um die Finanzierung des Instituts droht nun auch die deutsch-polnischen Beziehungen zu beeinträchtigen.