Steuerbetrug

"Die Zügel massiv anziehen"

Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) vor dem Landtag in München.
Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU). © picture alliance / dpa / Peter Kneffel
Markus Söder im Gespräch mit Jörg Degenhardt  · 27.03.2014
Der Strafzuschlag bei Selbstanzeigen von Steuersündern müsse verdoppelt werden, fordert der bayerische Finanzminister Markus Söder. Auch die Begrenzung ihrer Wirksamkeit auf eine Höchstsumme solle diskutiert werden.
Jörg Degenhardt: Die Zeit läuft oder besser, sie läuft ab: Steuerbetrüger nutzen noch schnell die alten, weniger scharfen Vorgaben für eine Strafbefreiung, bevor neue, strengere Regeln für die Selbstanzeigen kommen. Verschiedene Bundesländer melden für die ersten Wochen des Jahres einen starken Anstieg und teilweise sogar Montagshöchstmarken bei den Selbstanzeigen reuiger Steuerhinterzieher. Sicher spielt da auch das Hoeneß-Urteil eine Rolle. Zudem wächst inzwischen international der Druck auf Schwarzgeldanleger durch mehr Datenaustausch zwischen den Staaten.
Heute wollen die Finanzminister der Länder über eben diese schärferen Regeln für die Selbstanzeige beraten. Worüber genau und was am Ende des Tages dann als Ergebnis stehen könnte, darüber spreche ich jetzt mit Markus Söder, er ist Finanzminister im Freistaat Bayern. Guten Morgen, Herr Söder!
Markus Söder: Guten Morgen, grüß Gott!
Degenhardt: Politiker Ihrer Partei, der CSU, haben – so der Ruf – oft ein feines Gespür für Volkes Stimme: Die Mehrzahl der Bundesbürger ist dafür, die Möglichkeit zur straffreien Selbstanzeige ganz abzuschaffen. Warum greifen Sie diesen Wunsch nicht auf?
Söder: Wir wollen es zumindest deutlich verschärfen und die Zügel massiv anziehen. Es gibt fast unter allen Bundesländern die Einigkeit darüber, dass man sie nicht ganz abschaffen will, hat mehrere Gründe, natürlich einerseits tatsächlich die Möglichkeit, dass am Ende Steuergeld tatsächlich in die Kassen kommt, aber auch beispielsweise, weil es im Unternehmensbereich immer kleine mittelständische Unternehmen gibt, die bei der Kompliziertheit des Steuerrechts schnell mal einen Fehler machen, den man korrigieren soll. Aber wichtig ist, dass man für die großen Summen und dort, wo die kriminelle Energie deutlich erkennbar ist, eine massive Einschränkung macht.
Degenhardt: Aber noch mal die Nachfrage: Herr Stegner zum Beispiel von der SPD meint, die Strafbefreiung bei Selbstanzeige, das sei ein Relikt feudaler Gesinnung, das schütze in der Tendenz die Reichenkriminalität.
Söder: Ja, da müsste die SPD sich dann schon mal untereinander einig werden. Generell ist es so, dass die SPD auch die Selbstanzeige erhalten will, sogar im Gegenteil, es gibt Streit darüber, wir von Bayern gehen sogar einen Schritt weiter als viele SPD-Länder, indem wir beispielsweise sagen, dass eine Möglichkeit diskutiert werden muss, ob zum Beispiel eine Selbstanzeige ab einer bestimmten Summe generell nicht mehr gelten soll, also zum Beispiel tatsächlich, dass, wenn die Summen ab einer Million … muss man darüber diskutieren, ob dann überhaupt noch eine Selbstanzeige möglich ist oder zumindest noch einmal unter schwereren Bedingungen.
Degenhardt: Wenn man möchte, dass mehr Geld in die Kassen kommt, dann könnte man ja zum Beispiel auch mehr Steuerfahnder einstellen. Das wäre ja auch eine Möglichkeit.
"Mehr Datenaustausch und eine Einschränkung der Selbstanzeige"
Söder: Ja, das macht man, das haben wir auch beispielsweise in Bayern jetzt gemacht, seit ich Finanzminister bin, ein Plus von 15 Prozent Steuerfahndern. Das Problem ist manchmal nur, dass ein Steuerfahnder in Deutschland trotzdem nicht automatisch weiß, was wo in anderen Ländern gebunkert ist. Drum ist es ja so, dass – ob mit Steuer-CDs, mit Steuerabkommen, mit Steuerdatenaustausch – wir einen großen Schritt vorankommen, sodass – auch ein Stück Austrocknen von Steueroasen in Europa – wir auf einem sehr, sehr guten Weg sind. Natürlich ist international noch ein weiter Schritt hin. Also Steuerfahnder ja, mehr Datenaustausch auch, und eine Einschränkung der Selbstanzeige.
Degenhardt: Was wollen Sie stattdessen für Geschütze auffahren, wenn die straffreie Selbstanzeige bleiben soll? Einiges haben Sie ja schon angedeutet. Sollen die Voraussetzungen für ihre Nutzung strenger werden?
Söder: Also zunächst einmal: Der Strafzuschlag muss verdoppelt werden, sodass er sich auch tatsächlich also wehtut, derjenige, der Steuern hinterzieht, auch wenn er eine Selbstanzeige macht, muss er ordentlich Geld bezahlen. Der Berichtigungszeitraum, damit überhaupt eine wirksame Selbstanzeige ist, der muss von fünf auf zehn Jahre verlängert werden, also er muss dann zehn Jahre lückenlos jede einzelne Steuerbewegung nachweisen. Die Verjährungsfrist muss deutlich erhöht werden von derzeit 10 auf 15 Jahre, sodass dann auch erkennbar ist, dass das für einen deutlich längeren Zeitraum rückwirkend nicht möglich ist, da zu befreien. Und, wie gesagt, ich finde, man sollte auch die Debatte darüber führen, ob ab einer bestimmten Summe überhaupt noch eine wirksame Selbstanzeige möglich ist.
Degenhardt: Sie sagten gerade, der Steuerhinterzieher muss deutlich Geld zahlen. Von welchen Größenordnungen gehen Sie da aus?
Söder: Na ja, der Strafzuschlag soll verdoppelt werden. Derzeit haben wir fünf Prozent, bei einer Steuerhinterziehung über 50.000 Euro wird ein Strafzuschlag von fünf Prozent fällig. Das sollte man aus unserer Sicht verdoppeln dann auf zehn Prozent.
Degenhardt: Was ist überhaupt mit der Verjährungsfrist für im Ausland angelegtes Kapital? Also wer schon in den 80er-Jahren sein Geld in die Schweiz geschafft hat und jetzt erwischt wird, kriegt zwar eine Strafe, hat aber immer noch einen, ja, wirtschaftlichen Gewinn.
Söder: Also da geht es darum, dass die Verjährungsfrist generell erhöht werden soll. Bislang war sie nur bei 10 Jahren, das soll auf 15 Jahre verlängert werden. Man kann auch noch ein bisschen mehr machen. Da gibt es kaum Bundesländer, die mehr fordern, aber da bin ich relativ offen, weil ich glaube auch, dass eine längere Verjährungsfrist sinnvoll ist, allerdings muss sich die natürlich auch im Vergleich, das ist im Strafrecht halt so, mit anderen Verjährungsfristen anderer vergleichbarer Straftaten halten. Aber eine Erhöhung ist deutlich notwendig.
Degenhardt: Werden Sie denn heute mit Ihren Kollegen zu einer gemeinsamen Lösung kommen? Welche Zeichen haben Sie da aus den anderen Bundesländern empfangen?
"Im Grunde genommen sind wir uns einig, dass es schärfer werden muss"
Söder: Also im Grunde genommen sind wir uns einig, dass es schärfer werden muss, und das ist schon mal sehr wichtig, weil wir, als wir vor einem Jahr darüber geredet haben, gab es noch ganz andere Debatten. Da hieß es, ja, lassen wir das doch mal so und wird schon okay sein, hat sich bewährt. Ich glaube, da gibt es einen großen Konsens. Und es gibt auch über viele Fragen wie jetzt Strafzuschlag, Verjährungszeitraum, Berichtigungszeitraum gibt es relativ große Einigung. Im Detail muss noch diskutiert werden. Wir haben uns aber gesagt, wir wollen bis Mai einen endgültigen Vorschlag erarbeiten, den dann mit dem Bund abstimmen. Also ich denke, wir sind ganz gut im Zeitplan.
Degenhardt: Geld bewegt sich international. Was machen da überhaupt nationale Lösungen für einen Sinn?
Söder: Na ja, nationale Lösungen im europäischen Umfeld machen schon sehr viel Sinn, denn wir haben ja erlebt, dass ein Teil eben des Geldes, das außerhalb Deutschlands gelagert wurde, immer sehr in Steueroasen in Europa war, da war viel in Liechtenstein, da war manches in der Schweiz, in Luxemburg beispielsweise. Stück für Stück werden diese Steueroasen dadurch unrentabel, indem es Abkommen gibt zum Datenaustausch, und zwar legalen Datenaustausch und nicht diesen illegalen, der über diese Steuer-CDs gelaufen ist. Da gibt es in den Ländern jeweils entsprechende Bereitschaft, diese Bereiche abzuschließen, diese Abkommen, und damit natürlich auch, es den hiesigen Steuerfahndern einfach zu ermöglichen, an das Geld und auch an den Straftäter zu kommen.
Degenhardt: Die Reihe der Steuerhinterzieher ist schon sehr prominent. Gehen Sie davon aus, Herr Söder, dass wir schon demnächst mit weiteren bekannten Namen konfrontiert werden?
Söder: Das ist Sache der Justiz, das kann man nie sagen. Letztlich kommt es nicht auf den Namen an, sondern immer darauf, ob eine Steuer hinterzogen wurde oder nicht.
Degenhardt: Markus Söder war das, Finanzminister im Freistaat Bayern, und wir sprachen unter anderem über schärfere Regeln für Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehung. Herr Söder, ich bedanke mich für das Gespräch! Einen guten Tag!
Söder: Ihnen auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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