Steigerung durch Verdichtung

Von Martina Seeber · 03.05.2012
Unter den frühen Studies ist die "Study Nr. 7" die kontrastreichste. Nancarrow arbeitet hier nicht mit einer einheitlichen Kanonmelodie, sondern mit wechselndem Material. Das Stück beginnt zweistimmig, wobei die Ornamente der Oberstimme an Flamenco-Formeln erinnern.
Die Textur verdichtet sich bis zum Beginn eines unvermittelt lyrischen Abschnitts. Zwei markante, unisono geführte Basslinien markieren wenig später einen erneuten Wechsel. Wieder verdichten sich die Stimmen. Bei jedem Charakterwechsel variiert Nancarrow vorhandenes Material, indem er Dauerreihen dehnt oder zusammenstaucht. Grundsätzlich verfährt er hier nach dem Prinzip der Steigerung durch Verdichtung. Bis zu acht Stimmen verwandeln das Liniengeflecht in eine unüberschaubare Chaosstruktur. Einzelstimmen oder gar Beziehungen sind kaum noch wahrzunehmen. Es scheint, als hätte Conlon Nancarrow versucht, nicht nur die Grenzen der Tonmengen, sondern auch die Geschwindigkeitsgrenzen des Player Piano auszuloten.

Abgesehen von den Problemen, die die rhythmische Notierung aufwirft, stellt diese Etüde auch die Musiker und den Dirigenten vor große Herausforderungen. "Wir tun es aus Liebe zu Nancarrows Musik", berichtet der Arrangeur und Posaunist Patrick Crossland, "wir suchen die Herausforderung und haben "Studies" ausgesucht, an denen wir etwas zu beißen haben". Etwas länger als das Original von sechseinhalb Minuten wird die Bearbeitung für gemischtes Ensemble aber dennoch dauern.

Ferne Welten - Das Ensemble Laboratorium und der Dirigent Manuel Nawri
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