Stadtimkerin als EXPO-Botschafterin

Was einer nicht schafft, schaffen alle gemeinsam

Die Imkerin Erika Mayr hält mit Schutzhelm Bienenwaben hoch
Die Imkerin Erika Mayr mit Bienenwaben © Deutschlandradio / Gerhard Richter
Von Gerhard Richter · 15.08.2015
Als Botschafterin auf der EXPO-Weltausstellung in Mailand steht die Imkerin Erika Mayr im deutschen Pavillon für Ökologie und Kooperation. Das hat sie von ihren Bienen auf den Dächern Berlins gelernt. Die Vorzüge eines solchen Superorganismus möchte sie verbreiten.
"Für die Bienen ist es natürlich ein sehr anstrengender Standort. Verstehst du? Oder soll ich langsamer sprechen? Ein bisschen langsamer. Dieser Standort ist eigentlich wie eine Wüste. Es ist eben sehr heiß und sehr trocken und sehr windig."
Erika Mayr steht mit Jana und Cartleen aus New York auf dem geteerten Flachdach eines ehemaligen Kraftwerks mitten in Berlin.
Begeistert erklärt sie ihren Besuchern wie ein Bienenvolk funktioniert. Hier oben hat sie fünf davon, jedes lebt und arbeitet in einem hüfthohen Kasten aus Styropor. Erika Mayr nimmt einen Deckel ab, holt vorsichtig einen Rahmen mit einer dunkelbraunen Wabe heraus. Dutzende Bienen krabbeln darauf herum.
"Ah, schau mal her, das ist halt ne Super-Honig-Wabe. So muss die ausschauen und so würd ich die auch ernten. Und wenn wir´s jetzt sehen, ist die dunkler. Das heißt: Die Bienen stehen am gleichen Standort, aber der Honig ist ein anderer. Weil die woanders hinfliegen."
Kastanie, Linde, Akazie. Die Bienen haben in Berlin eine große Auswahl. Auf der nächsten Wabe sehen die drei einen magischen Moment. Vor ihren Augen schlüpft eine Baby-Biene aus der Wabe.
Cartleen: "Oh, wow!"
Erika Mayr: "And her is a young one, checking with her Fühler!"
Wenn viele Wesen zusammenarbeiten
Erika Mayr schiebt die Wabe zurück in die Beute, macht den Deckel zu. Die junge Biene kann ungestört hineinwachsen in ihr Volk aus Königin, Drohnen und Arbeiterinnen. Für die Imkerin sind Bienen ein faszinierendes Beispiel für einen Superorganismus.
"Sie zeigen einfach, was passiert, wenn viele Wesen zusammenarbeiten, wenn sie gut kooperieren, wenn sie auch gut geleitet werden. Das können wir von den Bienen lernen und ich seh' Imker eher so als Botschafter in diesem Sinne auch, um die Idee des Superorganismus zu verbreiten, weil wir bewegen uns genau dorthin."
Ein paar Tage später ist Erika Mayer tatsächlich als Botschafterin unterwegs, in Mailand bei Weltausstellung EXPO.
Manche Pavillons hier werben nur um Touristen, andere zeigen ihre Lösung zu Fragen der zukünftigen Ernährung und Energieerzeugung. Der deutsche Pavillon ist ein futuristisches Gebäude mit Solarsegeln und viel Holz. Draußen sorgt eine Blaskapelle für Stimmung. Ganz schön viel Rummel für das ernste Thema Ökologie findet Erika Mayr. Und schaut lieber, wie es im Inneren des Pavillon umgesetzt ist.
Schon im ersten, abgedunkelten Raum treten die Botschafter in Aktion. Von sechs großen Bildschirmen. Erika Mayr sieht sich also selbst.
Bildschirm: "Hallo, ich bin die Erika Mayr, die Stadtimkerin. Hallo ich bin der Benny …"
Ökologische Abhängigkeiten
Neben Erika Mayr gibt es noch fünf andere Botschafter. Sie beschäftigen sich mit Wassermangel, Essenverwertung, Humus, Aufforstung oder alten Apfelsorten. Heute sind die sechs Öko-Aktivisten nach Mailand eingeladen, um sich anzusehen, wie sie dort medial präsentiert werden. Jeder bekommt eine Pappkarte in die Hand, das sogenannte Seed-Board. Hält man es an eine bestimmte Stelle, wird ein kleines Video draufprojiziert. Erika Mayr probiert es gleich aus.
"Die hab ich ja auch noch nie gesehen, die kleine Biene. Mit ihren drei Farben, ist eigentlich ganz süß."
Die kleine Zeichentrickbiene mit dem schwarz-rot-goldenen Hinterleib fliegt zwischen den Themen der Botschafter hin und her und erklärt den Besuchern die ökologische Abhängigkeit zwischen Boden und Wasser, Baum und Biene.
"Die Technik ist super. Das Seed-Board ist total toll. Das macht Spaß und es freut mich, dass der deutsche Pavillon so was hat. Also das ist schon so clever, smart und recyclebar. Also das ist ziemlich gut. Und auch, dass man hier so persönliche Leute auf dem High-Tech-Board hat, eine schöne Verknüpfung …"
… die Erika Mayr am Ende doch noch einigermaßen versöhnt mit der Massenveranstaltung EXPO. Ihre Botschaft vom Superorganismus – dass, wenn wir gut geleitet werden und gut kooperieren, wir für alle viel mehr erreichen können – die wird Erika Mayr an diesem Tag zwar nicht los. Dass sich die Industrienation Deutschland in Mailand aber als Öko-Vorreiter präsentiert, gefällt ihr.
"Wir müssen halt vom Ego-Management zum Eco-Management kommen. Dass wir halt groß und mächtig, und technologisiert und chemische Industrie und was noch alles … das hatten wir jetzt 50 Jahre lang und ich mein, das ist jetzt echt mal gut so. Ja, also da könnt man sagen, jetzt kommt mal wieder was anderes. Für was sich Deutschland auch irgendwie zeigen kann."
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