Stabile Politik für einen stabilen Euro

Von Ernst Rommeney, Deutschlandradio Kultur · 16.02.2010
Die Finanzmärkte wetten gegen den Euro. Sie setzen darauf, dass die Griechen scheitern, ihre Etatkrise zu meistern. Und sie erwarten, dass die starken Länder der Eurozone Griechenlands Bonität stützen. Denn andernfalls liefe die Wette gegen Europas Banken, wahlweise auch gegen andere schwache Euro-Mitglieder wie Irland oder Spanien, Portugal oder Italien, und am Ende gegen die gesamte Währungsunion.
Ohne Zweifel ist dies eine gefährliche Wette. Und gerade darum haben die EU-Finanzminister gar keine andere Wahl, als die Spekulation auflaufen zu lassen. Man könnte die Antwort als "knallhart unbestimmt" bezeichnen. Europa spendiert Athen keine Finanzhilfen, wird aber solidarisch handeln, sofern es die griechische Konsolidierung erfordert. Auf die spekulative Wette folgt also die Kampfansage an die Märkte, dass private Investoren für ihre Verluste selbst geradestehen sollen.

Natürlich fühlen sich auch die Kritiker der Währungsunion bestätigt. Und sie haben insofern Recht, als die noch junge Eurozone nunmehr den nächsten Härtetest bestehen muss. Wie geht sie damit um, dass sich verstärkt durch die Rezession Länder und Regionen wirtschaftlich auseinander entwickeln.

Doch anders, als die Kritiker glauben machen, bewährt sich die Union gerade in der Krise. Mögen Währung und Leitzins auch gemeinsam sein, die Sätze am Kapitalmarkt gehen risikogerecht weit auseinander. So zahlen die Griechen für eine zehnjährige Anleihe doppelt soviel wie die Deutschen. Auch Kreditversicherungen sind für sie teurer geworden. Und der Euro schwächelt, eben weil Europa ein Problem hat. Das Warnsystem funktioniert also. Nun kommt es auf eine stabile Politik für einen stabilen Euro an.

Es gilt das strenge Föderalprinzip. Jedes Land, jede Region muss sich zuerst selbst helfen. Anders wird politische Autonomie und Demokratie nicht zu haben sein. Zugleich aber lernt die Politik, dass der alte Satz nicht stimmt, ein Staat könne sich grenzenlos verschulden, weil er nie pleite gehe.

Athen hat es nämlich schwer, trotz hoher Zinsen neue Kreditgeber zu finden, weil Banken und Investoren selbst durch die Finanzkrise angeschlagen sind. Und letztlich gilt dieses Szenario ebenso für alle anderen Euro-Staaten – auch für Deutschland. Übermäßige Schulden drohen zum Fluch zu werden. Ja, sie werden richtig teuer, wenn die Pläne zur Bankenrettung umgesetzt werden.

Vor allem aber erlebte der Kapitalmarkt letztes Jahr eine Vertrauenskrise. Und darum tut die EU-Kommission gut daran, wenn sie Athen und alle anderen Mitgliedsstaaten an die Spielregeln guter Haushaltsführung erinnert. Bilanztricks von Staaten gehören gnadenlos angeprangert – nicht anders als von Banken und Unternehmen.

Und geradezu dankbar müssten die EU-Finanzminister sein, dass die Kapitalmärkte immer wieder ihre eigene Perversion vorführen. So rechtfertigt sich der Ruf nach neuen Regeln. Es mag ja sinnvoll sein, dass Investoren ihre Geldgeschäfte absichern. Aber völlig daneben ist es, wenn sie mehr an der Niederlage als am Erfolg von Unternehmen oder Staaten verdienen wollen, bei denen sie finanziell engagiert sind.

Europa muss sich jetzt beweisen, und dabei auch die Wette gegen den Euro scheitern lassen. Griechenland rauszuwerfen oder zu finanzieren, gar die Währungsunion auseinanderbrechen zu lassen, würde kein einziges Problem lösen. So gesehen könnte Spekulation auch heilsam wirken.
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