Staatsbesuch

    Xi Jinping bei Merkel und Gauck

    28.03.2014
    Erster Besuch eines chinesischen Präsidenten seit acht Jahren: In Berlin traf Xi Jinping Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck. Dabei sprach er sich unter anderem für eine politische Lösung der Krim-Krise aus. Außerdem wollen Deutschland und China ihre Zusammenarbeit in der Wirtschaft verstärken.
    Deutschland und China wollen ihre Zusammenarbeit nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vertiefen und auf neue Felder ausweiten. Das sagte die Kanzlerin nach einem Gespräch mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping am Freitag in Berlin. Sie nannte beispielsweise die Digitalisierung der Industrie, Energie und Forschung. 2015 solle zum "Jahr der Innovationskooperation" werden. Dazu könne gehören, China als Gastland zur Computermesse CeBIT einzuladen. Merkel dankte China für das Vertrauen in den Euro. Außerdem hob sie den Menschenrechtsdialog hervor. "Breite und freie Meinungsäußerung" sei in Gesellschaften wie Deutschland und China ein wichtiges Element.
    Von Freitag bis Sonntag ist Xi erstmals seit seinem Amtsantritt vor rund einem Jahr zu einem Staatsbesuch in Deutschland. Es ist der erste Besuch eines chinesischen Präsidenten seit acht Jahren. In Berlin wurde Xi Jinping von Bundespräsident Joachim Gauck mit militärischen Ehren begrüßt, berichtet Klaus Remme. Gauck hatte rechtsstaatliche Reformen angemahnt und an die weltweite Gültigkeit der Menschenrechte erinnert. Mehrere Dutzend Demonstranten, darunter Uiguren und Tibeter, protestierten vor dem Schloss Bellevue und in der Nähe des Kanzleramts gegen chinesische Menschenrechtsverletzungen.
    Nach der Begegnung mit Gauck traf Xi mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen. Am Rande des Treffens wurden insgesamt 18 politische und wirtschaftliche Vereinbarungen unterzeichnet. Dazu gehörte die Verständigung auf ein Doppelbesteuerungsabkommen und die Einrichtung gemeinsamer Zentren zu den Themenbereichen Landwirtschaft und Wassersauberkeit. In Düsseldorf soll ein neues chinesisches Generalkonsulat entstehen.
    Intensiverer Austausch über Konflikte
    In Frankfurt am Main soll die erste Handelsstelle für die chinesische Währung Renminbi auf dem EU-Festland geschaffen werden. Ziel ist, den deutschen Unternehmen so den Handel mit chinesischen Partnern zu erleichtern und Kapitalgeschäfte in der nicht frei handelbaren Währung erlauben. Außerdem vereinbarten mehrere deutsche und chinesische Unternehmen eine engere Zusammenarbeit, darunter die Autobauer Daimler und Volkswagen, der Chemiekonzern Bayer sowie der Konzern Siemens.
    Außerdem beschlossen beide Länder, sich in Zukunft regelmäßig intensiv über regionale und internationale Konflikte auszutauschen. Dies beziehe sich auf Fragen wie die "Lage in der Ukraine, in Afghanistan und Syrien". Ziel sei, das "Engag ement zur Lösung regionaler und globaler Konflikte zu verstärken". In Bezug auf die Krim sprach sich Xi für eine politische Lösung aus. Deutschland sagte China bei den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen Unterstützung zu. In der zweiten Jahreshälfte sollen die seit 2010 regelmäßig abgehaltenen Regierungskonsultationen mit einem Treffen in Deutschland fortgesetzt werden. Zu den Beschlüssen gehört auch, dass China im kommenden Jahr Gastland der Computermesse Cebit wird.
    China ist nach Frankreich und den Niederlanden der größte Handelspartner der Bundesrepublik. Nach Schätzungen der Wirtschaft hängen an den Exporten nach China rund eine Million Arbeitsplätze in Deutschland, berichtete Markus Rimmele.
    Xi Jinping überraschte mit einem Beitrag in der "FAZ"
    Im Vorfeld des Besuchs hatte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Eberhard Sandschneider, davor gewarnt, die Beziehungen zwischen Deutschland und China überzubewerten. In Bezug auf eine strategische Partnerschaft zwischen Europa und China, sagt er am Freitag im Deutschlandradio Kultur: "Ich habe große Zweifel, ob dieser Begriff tatsächlich zutrifft. Strategische Partnerschaften setzen beispielsweise auch einen Grundkonsens, vielleicht sogar an Werten, aber mindestens an Interessen voraus. Da muss man schon ein Fragezeichen setzen." Die Chinesen würden in Europa, und auch in der Ukraine, ganz eigene Interessen verfolgen, die vor allem wirtschaftlicher Art seien.
    Vor seinem Staatsbesuch in Deutschland hat Xi Jinping das "riesige" Potenzial der Zusammenarbeit beider Länder betont. In einem Beitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Freitag schrieb er, eine Kooperation der führenden Volkswirtschaften Asiens und Europas eröffne der Welt enorme Wachstumsmöglichkeiten. Wie es genau zu dem Beitrag kam, möchte Reinhard Müller, Ressortleiter Zeitgeschehen der "FAZ", nicht sagen. "Aber es ist natürlich klar, dass China ein Interesse daran hat und wir womöglich auch, dass man ungeschminkt den Duktus und die Wortwahl auch ein mal zu Papier bringt und das einem möglichst großen und breiten Publikum auch zu Gehör bringt", sagte Müller am Freitag im Deutschlandradio Kultur.
    Zeitgenössischer Kunst-Boom in China
    Menschenrechtler hatten vor Beginn des Staatsbesuchs gefordert, dass Merkel gegenüber Xi auch das Schicksal des chinesischen Künstlers Ai Weiwei ansprechen soll. Am kommenden Mittwoch wird eine große Ausstellung seiner Werke im Berliner Gropius-Bau eröffnet. Ai Weiwei hat bisher keine Ausreiseerlaubnis erhalten. Doch er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass er doch noch nach Berlin kommen könne, berichtete unsere China-Korrespondentin Ruth Kirchner. Ai Weiwei ist im Westen mittlerweile zum Symbol für Widerstand mit kreativen Mitteln avanciert.
    Porträtaufnahme von Ai Weiwei.
    Der chinesische Künstler Ai Weiwei© dpa / picture alliance / Stephan Scheuer
    Doch auch abgesehen von dem Star boomt der Markt mit zeitgenössischer Kunst aus China. Insgesamt sei in der Gegenwartskunst in China viel mehr möglich, als man gemeinhin denke, sagte Ruth Kirchner. Zwar gebe es in allen Bereichen der Kunst und Kultur Zensur und zahlreiche Restriktionen. "Aber die bildende Kunst in ihrer Zweideutigkeit erlaubt doch eine ganze Menge Freiräume." So unterschieden sich junge Künstler gar nicht so sehr von ihren Altersgenossen in Europa, Amerika oder in anderen Teilen der Welt.
    Aber es gebe auch Grenzen: "Was ganz klar nicht erlaubt ist, das nenne ich einmal die drei T, also Tiananmen, Tibet, Taiwan." So könne beispielsweise ein Künstler, der sich seit Jahren mit der Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz vor 25 Jahren auseinandersetzt, nirgendwo in China ausstellen. Ebenso sei es mit dem Thema Tibet.

    Mehr zum Staatsbesuch des chinesischen Staatspräsidenten hören Sie in der "Ortszeit" um 22.30 Uhr.

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