Staatliches Werbevideo

Strandurlaub in Syrien

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Screenshot des Werbevideos vom syrischen Tourismusministerium mit dem Slogan "Syria always beautiful" © Syrisches Tourismusministerium
Von Cornelia Wegerhoff · 02.09.2016
Seit fünf Jahren herrscht Bürgerkrieg in Syrien. Dabei starben mindestens 400.000 Menschen. Laut UN-Angaben sind 4,8 Millionen auf der Flucht. In dieser Lage veröffentlicht das Tourismusministerium ein Werbevideo, das Urlauber anlocken soll.
Eine Minute 45 ist das Video lang, das in dieser Woche erstmals auf der Facebook-Seite des syrischen Tourismusministeriums aufgetaucht ist. Die herrlichen Bilder zeigen "Goldstrand", nahe der Küstenstadt Tatrus. Die nächst größere Stadt ist Latakia, Syriens einzige große Hafenstadt am Mittelmeer. Früher war es mal eine Art Rimini oder Palma des syrischen Fremdenverkehrs. Inzwischen ist es bekannter für seinen russischen Marinestützpunkt.
Von wann die Aufnahmen sind, ist unklar. Man sieht keine Personen in Nahaufnahme. Es könnte sich aber tatsächlich um aktuelle Bilder handeln. Gezeigt wird Assad-Gebiet, wo die religiöse Minderheit der Alawiten lebt. Bisher gibt es dort keine Kämpfe. Die Kriegsfront ist nur gut 100 Kilometer von dem Gebiet entfernt.
Der Slogan, mit dem weiter die Werbetrommel gerührt wird, heißt "Syrien always beautiful". Zynismus pur also. Viele Weltkulturerbestätten liegen in Trümmern. Nicht nur wie in der Antikenstadt Palmyra von IS-Terroristen zerstört, sondern wie in Aleppo - zum Beispiel der einzigartige Basar - durch die Assad-Truppen.

Syrer über Video: "Das ist Sünde"

Ein Syrer aus Damaskus, der mit seiner Familie nach Kairo geflüchtet ist, sagt zu dem Video:
"Was ist das für ein dummes Gerede? Das Land ist im Krieg! Wie kann man Tourismus in einem Kriegsland betreiben? Es gibt unzählige Kontrollposten, da ist die Front, da wird gekämpft. Wie kämen die Gäste überhaupt vom Flughafen zum Hotel? Und wie in Gottes Namen soll sich jemand gleich neben einem Krieg, wo täglich Menschen sterben, erholen? Das ist "haram", das ist Sünde, das gehört sich nicht!"
Angesprochen auf einen Sandburgen-Wettbewerb, den es laut Tourismus-Ministerium Mitte August am syrischen Strand gegeben haben soll, sagte der Mann aus Damaskus:
"Da sind zwei Leute auf dem Foto, die Urlaub machen und was ist mit übrigen 20 Millionen? Und welche Ausländer sollen kommen? Ihr aus Europa habt schon Angst, Urlaub in Frankreich zu machen, wegen der Terroranschläge. Und jetzt sollen sie nach Syrien?"
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Screenshot von einem Facebook-Post zu einem Sandburgen-Wettbewerb am Strand in Syrien© Deutschlandradio / Cornelia Wegerhoff

2015 sollten Urlauber Fotos posten #summerinsyria

Schon im vergangenen Sommer hatte das syrische Tourismusministerium mit einer Kampagne irritiert: Unter dem Hashtag "Summer in Syria" sollten die Leute Urlaubsfotos posten. Es beteiligen sich auch immer wieder Syrer an diesen Propaganda-Aktionen, die so wirken sollen, als sei der Alltag ganz normal. Es werden auch immer wieder Bilder gepostet von Opernaufführungen in Damaskus, von Kulturfestivals, von fröhlichen Partygästen. Ob das immer Assad-Anhänger sind oder Leute, die einfach auch mal abschalten wollen, sei mal dahingestellt.
Der folgende Shitstorm aber war noch größer: reihenweise zerbombte Häuser, Tote, Kinder in Trümmern unter dem Hashtag "Summer in Syria".
Für diesen Sommer hat ein Syrer in Kairo schon eine Idee:
"Hast du dieses Foto aus Aleppo gesehen? Da hat ein Bombe ein riesiges Wasserrohr zerstört. Im Sprengloch hat sich das Wasser gesammelt. Und da haben dann die Kinder drin gebadet. Das war ihr Sommer in Syrien!"
(mia)
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