Spende ohne Bestechung

Rezensiert von Werner Rügemer · 27.02.2011
Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages kam zum Schluss, es habe sich bei dieser höchsten Spende, die die CDU jemals erhielt, nicht um Bestechung gehandelt. Die Autoren Rudolf Lambrecht und Michael Müller aber beweisen, dass verschiedene Spitzenpolitiker gelogen haben.
1998 spendete das Ehepaar Ehlerding der CDU 5,9 Millionen Mark. Damals ging es um den Verkauf von 110.000 Eisenbahnerwohnungen. Die CDU-geführte Bundesregierung unter Kanzler Helmut Kohl hatte zu entscheiden. Den Zuschlag bekam die Immobilienfirma der Ehlerdings.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages kam zum Schluss, es habe sich bei dieser höchsten Spende, die die CDU jemals erhielt, nicht um Bestechung gehandelt, das Geld sei ja erst nach dem Verkauf geflossen. Lambrecht / Müller aber können beweisen: Die Zeugen Ehlerding sowie Kohl, Schäuble und Merkel haben gelogen. Die 5,9 Millionen waren nämlich in zwei Teile gesplittet, eine Spende und ein angebliches Darlehen. Die wurden auf zwei Jahre verteilt, Quittungen wurden rückdatiert.

"Danach sind die Rechenschaftsberichte der CDU für 1998 und 1999 falsch. Die fünf Millionen hätten 1998 ausgewiesen werden müssen, weil sie in diesem Jahr der Partei endgültig zugeflossen waren."

Deshalb müsste die CDU nach Parteiengesetz 17,7 Millionen Euro zahlen.
Für Lambrecht / Müller sind die führenden Politiker die Elefanten. Die Ehlerdings und andere Milliardäre sind die Elefantenmacher: Sie bespenden ihre Lieblinge, steuern ihre Entscheidungen und kümmern sich um deren Wiederwahl.

Da gibt und gab es in der Geschichte der Bundesrepublik noch ganz andere Kaliber als die Ehlerdings. Deutsche Bank-Chef Hermann-Josef Abs und Robert Pferdmenges von der Bank Oppenheim waren mit dem BDI-Präsidenten Fritz Berg die Elefantenmacher des ersten CDU-Vorsitzenden Konrad Adenauer. Abs und Pferdmenges waren gleichzeitig die Treuhänder für den Industriellen Friedrich Flick, als der nach 1945 von den Alliierten ins Gefängnis gesteckt wurde.

Sofort als Flick 1950 freikam, überbrachte er der FDP die erste Spende. Flicks persönlich haftender Gesellschafter Wolfgang Pohle war gleichzeitig Schatzmeister der CSU. Er verknüpfte mit Spenden weiterer Unternehmen wie Siemens, Daimler und Allianz das "System Flick" mit dem System des CSU-Vorsitzenden Strauß.

Als der sich als besonders harter Kämpfer etwa gegen die Mitbestimmung erwies, flossen die Spenden besonders üppig. Seit Beginn gehörten zum Handwerkszeug Täuschung und Gesetzesbruch, mithilfe von Briefkastenfirmen in Liechtenstein und Luxemburg. Auch der FDP-Spendensammler Jürgen Möllemann, der seine Karriere in einem Flick-Unternehmen begonnen hatte, war hierin ein Meister.

"Von Möllemanns Luxemburger Kontensystem waren Millionen an die Liechtensteiner Curl AG geflossen. Von dort wanderte das Geld an die von Möllemann in Düsseldorf gegründete Firma WEB/TEC."

Nach jedem Skandal entstanden neue Grauzonen. Sobald die SPD in die Regierung kam, wurde auch sie bespendet und übernahm ähnliche Praktiken. Der erste Elefantenmacher des Adenauer-Nachfolgers Kohl war der pfälzische Unternehmer Fritz Ries, Eigentümer der Pegulan-Werke, die durch Arisierungen groß geworden waren. Ries nahm den aufstrebenden CDU-Politiker auf Geschäfts- und Urlaubsreisen mit und finanzierte die Partei.

"Zudem führt Fritz Ries Kohl in das Netzwerk ein, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Weichenstellungen in der Bundesrepublik mitzubestimmen."

Nach Ries übernahmen Flick und die Deutsche Bank die Regie. Kohl behauptete nach den Skandalen mit Flick-Spenden und schwarzen Kassen: "Die CDU ist nicht käuflich!" Jedenfalls tat die CDU von alleine das, was die Elefantenmacher wollten, zuletzt bei der Bankenrettung. Lambrecht /Müller bezeichnen hier die Regierungsmitglieder von CDU und SPD als "Lakaien der Banker", Angela Merkel als Azubi, als Auszubildende von Josef Ackermann im Kanzleramt. Insofern ist der Begriff "Elefanten" eigentlich falsch.

Das Buch bringt bis auf die Ehlerding-Spende nichts Neues, aber fasst bisher Verstreutes zusammen. Das ist nützlich für diejenigen, die einen immer wieder verdrängten, immer weiterwirkenden "Geburtsfehler der Bundesrepublik", eben die Bespendung von Politikern durch Unternehmen, genauer kennenlernen wollen.

Den "Geburtsfehler" bewerten Lambrecht / Müller allerdings doch recht nachsichtig. Mehr Information über die Zahlmeister und Elefantenmacher sei notwendig. Aber wäre es im Interesse der Demokratie nicht konsequent, große Spenden von Unternehmen ganz zu verbieten?


Rudolf Lambrecht und Michael Müller: Die Elefantenmacher. Wie Spitzenpolitiker in Stellung gebracht und Entscheidungen gekauft werden
Eichborn Verlag Frankfurt / Main 2010. 368 Seiten, 19,95 Euro.
Cover: "Rudolf Lambrecht und Michael Müller: Die Elefantenmacher"
Cover: "Rudolf Lambrecht und Michael Müller: Die Elefantenmacher"© Eichborn Verlag