Soziologin Meier-Gräwe über Schwesigs Familiengeld

"Vorschlag längst überfällig"

Ein junges Paar mit Kind sitzt auf einer Wiese unter einem Baum.
Wenn beide Eltern sich Zeit fürs Kind nehmen, sollen sie Geld bekommen - so ein Konzept von Familienministerin Schwesig. © picture alliance / dpa / Hans Wiedl
Uta Meier-Gräwe im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese · 18.07.2016
Wenn Eltern beide ihre Arbeitszeit reduzieren, sollen sie 300 Euro im Monat erhalten, fordert Familienministerin Manuela Schwesig. Soziologin Uta Meier-Gräwe begrüßte den Vorschlag als längst überfällig. Der Großteil der Eltern wolle Beruf und Kinderbetreuung partnerschaftlich teilen.
Junge Eltern sollen nach dem Willen von Familienministerin Manuela Schwesig weniger arbeiten und als Ausgleich ein staatliches Familiengeld bekommen. Eltern, die beide ihre Wochenarbeitszeit auf 32 bis 36 Stunden reduzieren, sollen bis zu zwei Jahre lang 300 Euro im Monat erhalten - sofern das Kind jünger als acht Jahre alt ist. Auch allein oder getrennt Erziehende sollen das Familiengeld bekommen.
"Ich finde diesen Vorschlag längst überfällig", sagt die Familiensoziologin Uta Meier-Gräwe. Der Großteil der jungen Eltern würde sich wünschen, Beruf und Kinderbetreuung partnerschaftlich zu teilen.

"Mütter bleiben trotz Qualifikation auf der Strecke"

Meier-Gräwe sieht auch volkswirtschaftliche Vorteile: "Wir werden gerade auch in den Dienstleistungsberufen die weiblichen Arbeitkräfte brauchen", sagt die Professorin für Wirtschaftslehre des Privathaushalts und für Familienwissenschaft. Bisher würden aber viele Frauen, sobald sie Mütter werden, die Arbeit komplett aufgeben oder nur in Minijobs arbeiten. Kinder würden vielfach noch zu einer "Retraditionalisierung" der Geschlechterrollen in einer Partnerschaft führen. "Mütter bleiben trotz Qualifikation auf der Strecke." Schwesigs Vorschlag gehe daher in die richtige Richtung.
Insgesamt müsse die Gesellschaft umdenken, um Eltern die gemeinsame Sorge für ihre Kinder zu erleichtern und Müttern die Berufstätigkeit noch mehr zu erleichtern. "Kinder sind eben nicht nur Privatsache", sagt Meier-Gräwe. Sie seien schließlich auch Arbeitskräfte der Zukunft.

Grüne kritisieren Schwesigs Vorschlag

Die Grünen im Bundestag kritisierten die Pläne von Familienministerin Schwesig als Scheinlösung. Der Vorschlag sei ein enges Korsett, nach dem beide Eltern gleichzeitig zwischen 32 und 36 Stunden arbeiten müssen. Das gelänge vielleicht im öffentlichen Dienst, sei ansonsten aber unpraktikabel, sagte die Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik der Grünen- Fraktion, Franziska Brantner.
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