Soziales Start-Up

Online-Universität für Flüchtlinge kurz vor dem Start

Markus Kreßler, Gründer der Kiron University für Flüchtlinge (links). Im Hintergrund die Moderatoren Nicole Dittmer und Christian Rabhansl.
Markus Kreßler, Gründer der Kiron University für Flüchtlinge (links). Im Hintergrund die Moderatoren Nicole Dittmer und Christian Rabhansl. © Deutschlandradio / Philipp Eins
Markus Kreßler im Gespräch mit Nicole Dittmer und Christian Rabhansl · 28.09.2015
Zum regulären Wintersemester sollen auch die Einschreibungen an der Kiron University für Flüchtlinge beginnen. Auch wer als Asylbewerber noch nicht anerkannt ist, kann hier studieren. Ermöglicht wird das Projekt von zwei Studenten - und vielen Spendern.
Wenn Mitte Oktober das Wintersemester startet, sollen auch mindestens 1000 Flüchtlinge die Möglichkeit bekommen, sich durch Online-Kurse zumindest auf ein reguläres Studium vorzubereiten. Und zwar unabhängig davon, ob sie als Asylbewerber bereits anerkannt sind oder nicht.
Einschreiben können sich die Studierwilligen dann an der Kiron University. Hinter dem Bildungsprojekt steht ein soziales Start-up aus Berlin, das Flüchtlingen Zugang zu Hochschulbildung ermöglichen möchte.
Gemeinsam mit Studienfreund Vincent Zimmer und knapp 50 Mitstreitern hat der Psychologiestudent Markus Kreßler diese Online-Universität für Flüchtlinge bereits seit einem Jahr aufgebaut. Am Sonntag startet nun die Anmeldephase für das erste Semester bei "Kiron". Der Name der Uni ist übrigens angelehnt an den Kentaur "Chiron" aus der griechischen Mythologie, der als weise und gerecht galt.
Im Interview mit Deutschlandradio Kultur erläuterte Markus Kreßler das Projekt:
"Mein Mitgründer, Vincent Zimmer, war in der Türkei auf einem Forschungsaufenthalt und hat dort selber viele Menschen kennengelernt, die davon betroffen waren, aus Syrien. Allein in Istanbul sind 300.000 Menschen, die vorher schon mal studiert haben – und jetzt nicht mehr studieren können. Auch ich war selber in der Beratung in Berlin viel unterwegs und habe da Flüchtlinge kennengelernt, die teilweise nur noch ein Semester hatten bis zu ihrem Abschluss, aber aufgrund ihres legalen Status oder von Papieren, die einfach nicht anerkannt werden, keine Chance hatten, ihr Studium fortzusetzen und somit ein riesengroßes Potenzial verschenkt wird."
"Alles, was man braucht, um sich nachhaltig in die Gesellschaft zu integrieren"
Das Studium an der Kiron University sei kein Gasthörer-Programm, betonte Kreßler. Gasthörer-Programme seien derzeit ohnehin nur für anerkannte Asylbewerber zugänglich. Bei ihnen könne jedoch jeder anfangen:
"Wir haben auch Sprachkurse. Wir haben psycho-soziale Beratung. Wir haben einen eigenen Inkubator, wo auch Flüchtlinge ihre eigenen Projekte starten und professionalisieren können. Wir versuchen wirklich ein ganzes Ökösystem aufzubauen für Flüchtlinge, nicht nur um ein Studium zu ermöglichen, sondern eigentlich alles zu ermöglichen, was mit Bildung zu tun hat und was man braucht, um sich nachhaltig in die Gesellschaft zu integrieren."
Es gebe mittlerweile 30 Präsenz-Universitäten als Kooperationspartner, die die Kiron-Studierenden im zweiten beziehungsweise dritten Jahr aufnehmen wollen.
Für das Studium seien ein Computer und ein Internetzugang "absolut essentiell", sagte Kreßler. Studienwillige, die keinen Computer besitzen, könnten einen Computer beantragen, den die Kiron University dann teils aus Second-Hand-Beständen zur Verfügung stelle. Das Bildungsprojekt werde darüber hinaus über Crowd Funding finanziert.
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