Soul Comedy mit Marius Jung

Von Maike Mackerodt · 06.02.2006
Man nehme zwei talentierte Musiker, mixe Swing und Bossa mit musikalisch völlig indiskutablen 80er-Jahre-Stilblüten á la "The Final Countdown" von Europe, gebe eine kräftige Prise Humor hinzu und fertig ist das Grundrezept von Marius Jung. Der Sänger, Komiker und Entertainer hat für sich ein eigenes Genres gefunden: Soul Comedy. Und wie das wirkt, zeigt er auf seiner aktuellen Tournee.
Musik: "Wenn es Nacht wird in Harlem, dann gehen die Lichter aus..."

Marius Jung: "Erstens mal ist es ja so, was viele gar nicht wissen, das kann man im Radio nicht sehen, ich bin ja nun ein Farbiger. Ich bin tatsächlich Besatzungskind, ich bin wirklich klassisches GI-Kid, gibt's ja viele in Deutschland... Das heißt, mein Vater war amerikanischer Soldat, meine Mutter Deutsche. Die Amis sind nach dem II. Weltkrieg noch ein bisschen da geblieben, einer von denen kam bei meiner Mutter vorbei, ich sag mal, zur Stippvisite, aber war ja nur eine Stippvisite, so bin ich dann mit zwei weißen Eltern aufgewachsen, das führte dazu: Außen schwarz, Innen weiß, das Mensch gewordene Überraschungs-Ei."

Musik: "Wenn es Nacht wird in Harlem, dann macht Jonathan Musik, träumt von Liebe und Glück..."

Marius Jung: "Als Sohn eines Schwarzen hat man natürlich den Soul im Blut - theoretisch - jetzt bin ich im Rheinland groß geworden, Soul im Blut, Millowitsch im Hirn, aber genau für mich sind diese Lieder damals übersetzt worden: Schwarze Lieder mit einem weißen Text, so wurde 'When a man loves a woman': Wenn es Nacht wird in Harlem..."

Auf den ersten Blick wirkt der in Köln lebende Komiker Marius Jung eher unscheinbar: Freundlich und zugewandt sitzt der schlaksige Sänger mit in der Küche seiner gemütlichen Dachgeschosswohnung, die er sich mit seiner Freundin teilt. Hier hat der 41-Jährige auch sein Tonstudio, in dem er gemeinsam mit befreundeten Musikern die Popsongs der Swinging Sixties wieder aufpoliert. Musikalisch orientiert sich die Band an den englischen Originalen, die in den 60er Jahren tatsächlich ins Deutsche übersetzt worden sind, was heutzutage ziemlich seltsam klingt.

Musik: "Brötchen und Milch, die stehen vor meiner Tür"

Mit 16 Jahren zog es den Entertainer zunächst ins ernste Fach und er absolvierte bis 1989zunächst eine Ausbildung zum Schauspieler

Marius Jung: "Ich habe den Tod gespielt in Hugo von Hofmannsthals 'Der Tor & der Tod'. Diese Freude am Spiel und an dem Verstehen einer Figur, an dem Verstehen eines Menschen und in dem Moment, wo ich einen anderen verstehe, vielleicht hat man dann das Gefühl, dass man sich näher kommt."

Nach sieben Jahren hatte Marius Jung genug von dem kargen Leben in der freien Theaterszene und wechselte zur Kleinkunst, von der er - wie er glaubhaft versichert - seit elf Jahren richtig gut leben kann. Sein erstes Comedy-Solo 1990 hatte noch den pragmatischen Titel "Augen zu und durch". In seinem neuen Solo verpackt er selbst übelste rassistische Vorurteile in charmante Plaudereien.

Marius Jung: "Der Deutsche - sobald es um Neger oder um Juden geht, denkt er sofort an 33-45: 'Oh Gott wir Deutschen, oh Gott, wir sind schuldig', das ist gleichzeitig positiver Rassismus."

"Ich lebe schon sehr viel Jahre in diesem Land als höher pigmentierter afroamerikanischer Germane, ich seh' das pragmatisch, ich reise gerne in sonnige Länder, 90 Prozent der Ägypter gehen davon aus, dass ich auch Ägypter bin, das hat Riesenvorteile, in Bussen werde ich nicht weggesprengt. - So ein bisschen Restbetroffenheit ist noch im Raum, Bossa los, huhuhu…"

Seit einem Übergriff auf ihn nach einem Auftritt in Ostdeutschland spielt er dort nur noch selten. Seine vielfältigen Erfahrungen gibt er mittlerweile an Kollegen weiter: So entdeckte er vor zehn Jahren Bastian Pastewkas komisches Talent und seit diesem Jahr ist er sogar Dozent an der Kölner Comedy-Akademie. Der Titelsong seiner soeben erschienenen CD erfreute sich bereits als Bootleg im Internet großer Beliebtheit.

Musik: "Liegt ein guter Freund von Dir mittellos im Dreck, Freundschaft hat Grenzen, pfeif Lied und schau weg, liegen Menschen vor deiner Haustür, metertief im Blut, pass auf weiße Hose auf... Refrain: Ruf ein Taxi und fahr weg, schaue einfach …"

Marius Jung: "Sehr witzig war in Köln, wir haben ja den Schunkelreflex hier, das ist ein bisschen Stimmungslied und die wollten unbedingt klatschen, wollten unbedingt am Refrain klatschen, wussten, dass sie es eigentlich nicht dürfen und das sind spannende Momente: Anfangen zu klatschen und dann stirbt so das Klatschen. Eigentlich darf ich das gar nicht so meinen, dass ich wegschauen soll, da wird es spannend."