Sklaverei

Londoner Tatverdächtige auf freiem Fuß

22.11.2013
Das Ehepaar war gestern von der Polizei unter dem Verdacht festgenommen worden, drei Frauen mehr als 30 Jahre lang gegen ihren Willen in Sklaverei gehalten zu haben.
Großbritannien ist geschockt, Zeitungen sprechen von Londons Schande und die Politik will verschärft gegen Menschenhandel und Sklavenhaltung vorgehen. In einem neuen Gesetzentwurf sei für solche Delikte als Höchststrafe lebenslänglich geplant, sagt Innenstaatssekretär James Brokenshire:
"Die Menschen glauben nach meinem Eindruck, dass Sklaverei eine Sache ist, die nur in den Geschichtsbüchern steht. Die traurige Realität ist aber, dass es sie noch heute gibt. Seit Jahren steigt die Zahl der Fälle, die angezeigt werden. Das heißt nicht notwendigerweise, dass es einen Anstieg der Straftaten selbst gibt, wohl aber dass immer mehr ans Licht gelangen."
Die Regierung glaubt, dass in Großbritannien etwa 2.200 Menschen in einer Art moderner Sklaverei, die oft ohne Ketten auskomme, gehalten würden. Im jüngsten Fall hatte Scotland Yard gestern morgen im Südlondoner Bezirk Lambeth ein Ehepaar nicht-britischer Nationalität wegen des Verdachts auf Sklavenhaltung festgenommen. Beide sollen 67 Jahre alt sein, wurden verhört und heute morgen auf Kaution freigelassen. Der ermittelnde Polizeiinspektor Devin Hyland war regelrecht erschüttert:
"Die Polizeieinheit gegen Menschenhandel hat schon viele Fälle von Sklaverei und Zwangsarbeit untersucht. Wir kennen Fälle, in denen Menschen bis zu zehn Jahre gefangen gehalten wurden. Aber wir haben noch nie etwas in dieser Größenordnung erlebt."
Mitten in London, in einem normalen Haus, in einer normalen Straße hat das Ehepaar offenbar Jahrzehnte lang drei Frauen als Sklaven gehalten - eine 69-Jährige aus Malaysia, eine 57 Jahre alte Irin und eine 30-Jährige Britin. Anzeichen für sexuellen Missbrauch gibt es bis zur Stunde nicht:
"Wir haben ermittelt, dass alle drei Frauen mindestens 30 Jahre festgehalten wurden; sie hatten nur eine eng begrenzte, kontrollierte Freiheit. Alle drei Frauen waren stark traumatisiert und wurden an einen sicheren Ort gebracht, wo sie bleiben."
Ihre Befreiung kam ins Rollen, als am 18. Oktober eine der Frauen die Hilfsorganisation Freedom Charity anrief. Aneeta Prem ist die Gründerin der Organisation:
"Die irische Frau sah mich im Fernsehen in einer Dokumentation über Zwangsehen und unser Name Freedom war ein Katalysator, weil Freiheit genau das war, was die Frauen wollten."
Die Irin gab an, sie werde mit noch zwei weiteren Frauen gegen ihren Willen festgehalten. Noch am selben Tag meldete die Hilfsorganisation den Fall der Polizei. Während die Sozialarbeiter vorsichtig am Telefon das Vertrauen der Opfer zu gewinnen suchten, ermittelten die Polizeibeamten ihren genauen Aufenthaltsort. Eine Woche später, am 25. Oktober, verabredete man ein Treffen, zu dem die beiden jüngeren Frauen erschienen. Anschließend holten Beamte auch die Malaysierin aus dem Haus und brachten alle in Sicherheit.
"Die Frauen werden von Fachkräften betreut. Sie waren ja sehr lange in ihrer Lage. Die 30-Jährige könnte, so glauben wir, ihr ganzes Leben lang gefangen gewesen sein. Deswegen ist es für sie alle schwer, Zusammenhänge zu erkennen und zu erklären, was geschehen ist."
Die Polizei ermittelte nach der Befreiung weiter und es dauerte noch knapp vier Wochen bis es gestern zur Festnahme des Ehepaares kam.