Skandal

US-Rente für mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher

US-Dollar-Scheine
Ein ehemaliger Wachmann im Konzentrationslager Auschwitz erhält monatlich rund 1500 Dollar. © picture alliance / dpa / Xie Zhengyi
Von Marcus Pindur, USA-Korrespondent Deutschlandradio · 22.10.2014
Einigen ehemaligen Nazis gelang es nach dem Zweiten Weltkrieg, unter Vorspiegelung falscher Identitäten in die USA einzureisen. Manche beziehen bis heute ihre amerikanische Rente. Eine Abgeordnete der Demokraten verlangt, diese Praxis zu unterbinden.
Es ist eine Gesetzeslücke, die es Dutzenden mutmaßlicher Kriegsverbrecher erlaubt hat, jahrelang im Ausland amerikanische Altersbezüge zu kassieren. Das gehe aus internen Regierungspapieren hervor, so die Nachrichtenagentur. Der Vorgang sei empörend, so die demokratische Abgeordnete Carol Maloney:
"Ich habe das Justizministerium und die Rentenversicherung aufgefordert, bekannt zu geben, wie viel Geld der amerikanischen Steuerzahler für diese Renten und für die Witwenrenten dieser Verbrecher ausgegeben wird. Mich macht das wütend, und das geht meinen Kollegen Partei übergreifend auch so."
Mindestens vier von ihnen leben noch
Seit 1979 hätten 38 von 66 mutmaßlichen Kriegsverbrechern auch nach ihrer Ausreise eine amerikanische Rente kassiert. Mindestens vier von ihnen leben noch. Unter ihnen Jakob Denzinger, einst Wachmann im Konzentrationslager Auschwitz. Denzinger floh 1989 von Ohio nach Deutschland, nachdem er erfahren hatte, dass gegen ihn ein Ausbürgerungsverfahren lief. Er ließ sich wenig später in Kroatien nieder und lebt dort heute in der Stadt Osijek. Er erhält monatlich rund 1500 Dollar, gut 1100 Euro.
Weil Nazi-Verbrechen außerhalb der USA begangen wurden und zumeist nicht gegen amerikanische Staatsbürger, ist es nicht möglich, Kriegsverbrecher in den USA vor Gericht zu stellen. Die einzige juristische Waffe ist der Beweis, dass die Alt-Nazis bei ihrer Einwanderung die Immigrationsbehörden belogen und ihre Nazivergangenheit verschwiegen haben. Damit können die Behörden eine Abschiebung und Ausbürgerung erzwingen.
Wenn die ehemaligen SS-Männer oder KZ-Wachen allerdings freiwillig ausreisten, bevor sie ausgebürgert wurden, dann konnten sie aufgrund der Gesetzeslücke ihren Rentenanspruch behalten. Das sei aber vom Kongress nie so intendiert gewesen, so Carol Maloney:
"Ein Nazi-Kriegsverbrecher bleibt ein Nazi-Kriegsverbrecher, und der Sinn des Gesetzes war es, sie zu deportieren und ihnen die staatlichen Leistungen abzuerkennen. Und ich werde nach der Wahl ein Gesetz einbringen, das genau das sicherstellen wird."
Angeblich hätten die amerikanischen Justizbehörden auf diese Weise langwierige Ausbürgerungsverfahren umgehen wollen. Gleichzeitig habe man die Betroffenen so zur Ausreise drängen können. Diese Praxis sei allerdings schon seit Jahrzehnten auch innerhalb der amerikanischen Regierung umstritten gewesen. Das US-Außenministerium habe schon lange dagegen protestiert.
Hunderttausende Dollar für KZ-Wächter
Ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher, der 25 Jahre in den USA zum mittleren Lohn gearbeitet hat, kann nach Berechnungen des Urban Institute 15.000 Dollar pro Jahr an Rente kassieren. Der KZ-Wächter Jakob Denzinger ist jetzt 90 Jahre alt, und hat bereits 450.000 Dollar an Rente bezogen. Viele seiner Opfer, falls sie überlebt haben, leiden dagegen unter Altersarmut.
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