Singer/Songwriter-Pop

Der grandiose Nachhall einer beschädigten Seele

Chris Garneau: "Winter Games"
Chris Garneau: "Winter Games” © Clouds Hill
Von Jutta Petermann · 15.04.2014
Zart-Bitter ist "Winter Games" von US-Amerikaner Chris Garneau geraten: Zart ist seine Musik und bitter sind seine Kindheitserlebnisse, die er auf dem Album mit geisterhaft-sphärischem Singer/Songwriter-Pop verarbeitet.
"Winter Games" ist Chris Garneaus viertes Album und wieder verarbeitet er darauf den Winter in der eigenen Seele, der sich in einem festsetzt, wenn man als Kind Schreckliches erlebt hat. Traumatische Erinnerungen an sexuelle Gewalt und Vernachlässigung, die der heute 31-jährige Garneau als Kind erlebte, transzendieren auf "Winter Games" zu Kammerpop der dramatischen Art.
Musik gemacht aus vielen filigranen Schichten, gewebt aus nebulösen Soundschwaden von Piano, Streichern und elektronischen Klängen. Inmitten all dieser Schichten eingehüllt Garneaus zerbrechlicher Tenor.
Schmerz, Angst, Einsamkeit
Angesichts des massenhaften Missbrauchs in Internaten, kirchlichen Einrichtungen, Heimen und vor allem in Familien ist dieser künstlerische Kommentar von einem, der es am eigenen Leib erlebt hat, geradezu überfällig. Den körperlichen wie seelischen Schmerz, die Angst, die Einsamkeit - alles kann man hier nachspüren anhand dieser klaustrophobisch-verwunschenen Klänge.
Genauso irritierend wie berührend an dem Album ist, wie die Traurigkeit auf "Winter Games" zu einer so überwältigenden, fast schon unwirklichen Schönheit wird. "Winter Games" ist der grandiose künstlerische Nachhall einer beschädigten Seele. An dieser Stelle noch einen schönen Gruß an alle, die glauben wollen, dass das Betrachten von Fotos nackter Kinder doch eigentlich nur Kunstgenuss sei.
Label: Clouds Hill