Sinfonische Musik

Hochgradig unmodern

Das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera mit GMD Laurent Wagner
Das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera mit GMD Laurent Wagner © Stephan Walzl
05.02.2015
Im Zentrum dieses Konzerts in Gera steht das Klavierkonzert eines vergessenen Komponisten - der Österreicher Hans Gál wurde mehrfach - aus Mainz und aus Wien - vertrieben und fand erst in Schottland eine neue Heimat. Dort distanzierte er sich von allen Neuerungen des Jahrhunderts und fand die musikalische Wahrheit in der Welt des 19. Jahrhunderts.
Nicht gerade heldenhaft, aber zumindest standhaft blieb Hans Gál in seinen künstlerischen Positionen, die er sicher auch aus seinen biografischen Erfahrungen entwickelt hatte. Das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera konfrontiert das Klavierkonzert des "unmodernen" Komponisten (das 1948 fertig wurde) mit zwei wahrhaften Klassikern, Ludwig van Beethovens heroischer dritter Sinfonie und Joseph Haydns selten gespielter achter Sinfonie. Die sorgt mit ihrem Untertitel "Der Abend" für einen milde gestimmten Auftakt des Geraer Konzerts. Der Leipziger Pianist Hartmut Hudezeck hat sich schon mehrfach Hans Gáls Klavierkonzert op. 57 gewidmet.
Hans Gál wurde in Niederösterreich geboren, studierte in Wien und war ab 1909 Lehrer für Kontrapunkt und Harmonielehre am Neuen Wiener Konservatorium und Lektor für Musiktheorie. 1929 erhielt er - auch dank der Unterstützung durch Wilhelm Furtwängler und Fritz Busch - die Position des Leiters des Konservatoriums in Mainz. Der Österreicher stammte aus einer jüdischen Familie und konnte zu diesem Zeitpunkt, der ihm günstig erschien, sich in Deutschland niederzulassen, weil man dort allerorten seine Musik spielte, nicht ahnen, dass es vier Jahre später den ersten Grund zur Flucht gab. 1938 musste er auch die österreichische Heimat verlassen. Nach einigen Schwierigkeiten gelang ihm in Großbritannien eine zweite Karriere, vor allem als Hochschullehrer und Publizist. Bis zu seiner Pensionierung unterrichtete er an der Universität Edinburgh. Bis ins hohe Alter schrieb er vielgelesene Musikbücher über die Musikgrößen des 19. Jahrhunderts - und auch das Komponieren pflegte er fast bis zum Schluss. Hans Gál wurde 97 Jahre alt. Er er- und überlebte damit fast das gesamte Jahrhundert, das ihm - musikalisch gesehen - mit der Zeit immer fremder geworden war.
Konzertsaal Gera
Aufzeichnung vom 21. Januar 2014
Joseph Haydn
Sinfonie Nr. 8 D-Dur "Der Abend"
Hans Gál
Klavierkonzert op. 57
Ludwig van Beethoven
3. Sinfonie Es-Dur op. 55 "Eroica"
Hartmut Hudezeck, Klavier
Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera
Leitung: Laurent Wagner