Sinfonische Musik

Auratischer Altmeister

Stanisław Skrowaczewski
Stanisław Skrowaczewski © Intermusica
11.12.2014
Wo dieser Dirigent auch auftritt, erhalten die Konzerte eine besondere Aura. Stanisław Skrowaczewski ist 91 Jahre alt. Im Herbst war der amerikanische Musiker wieder auf Europatournee. Heute bringen wir eine Aufnahme mit ihm aus Katowice.
Im Kattowitz der Nachkriegszeit begann die Karriere des jungen Skrowaczewski. Allerdings dirigierte er damals vor allem die Schlesische Philharmonie, nicht das Nationale Rundfunk-Sinfonieorchester (NOSPR), das seinerzeit gerade von Warschau nach Oberschlesien umgezogen war und von Grzegorz Fitelberg geleitet wurde.
Nun aber im November des Jahres 2014 kam Skrowaczewski wieder einmal zum NOSPR. Und doch war alles anders, denn das Orchester hat ja vor einem Monat erst mit großem Stolz und unbändiger Freude seinen neuen hochmodernen Saal bezogen. (Von dem die Wiener Philharmoniker sagen, er sei der beste Konzertsaal Europas, nach dem Wiener Musikverein selbstverständlich!)
Kattowitz war einst der oberschlesische Ruhrpott mit unzähligen Zechen, Kraft- und Stahlwerken. Der Strukturwandel macht sich auch hier bemerkbar. Unter dem Motto "Kultur statt Kohle" läuft ein ehrgeiziges Umbauprogramm in allen Bereichen. Die Oberschlesier setzen auf Kunst, Bildung und Sport. Vergangenen Sommer fand hier die Volleyball-Weltmeisterschaft statt und brachte der polnischen Nationalmannschaft den Titel. Zu den europäischen Spitzenorchestern gehört auch das in Kattowitz beheimatete Nationale Rundfunksinfonieorchester.
Ein rein "sowjetisches" Programm dirigierte Stanisław Skrowaczewski an diesem Abend. Im ersten Teil das Klavierkonzert Alfred Schnittkes aus dem Jahr 1960, das zweite in einer fünfteiligen Folge von Konzerten für dieses Instrument. Als Solistin war Skrowaczewskis Lieblingspianistin Ewa Kupiec nach Kattowitz gekommen, um dieses Werk zu spielen, das sie bereits in einer hochgelobten Einspielung mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin in einer Koproduktion mit Deutschlandradio Kultur interpretiert hat.
Sehr bewegend und authentisch ist auch die Art und Weise, wie Stanisław Skrowaczewski an die fünfte Sinfonie von Dimitrij Schostakowitsch herangeht. Dieses Stück liegt dem Dirigenten besonders am Herzen. Skrowaczewski hat den russischen Komponisten (mit polnischen Wurzeln) mehrfach getroffen, das erste Mal kurz nach dem Krieg beim Festival "Prager Frühling" und später auch mehrfach in Warschau. In der Sendereihe "Begegnungen" im Deutschlandradio Kultur hat der Dirigent beschrieben, wie sehr Schostakowitsch seinerzeit das liberale künstlerische Klima in Polen genossen hat.
Musikzentrum Kattowitz
Aufzeichnungen vom 21. November 2014
Alfred Schnittke
Konzert für Klavier und Orchester
Dimitrij Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47
Ewa Kupiec, Klavier
Nationales Sinfonieorchester des Polnischen Rundfunks
Leitung: Stanisław Skrowaczewski
anschließend:
Besondere Aufnahme
Andrzej Panufnik
Klavierkonzert
Ewa Kupiec, Klavier
Konzerthausorchester Berlin
Leitung: Łukasz Borowicz