Simone Kermes

Was macht die Sopranistin nach dem Frühstück?

Simone Kermes als Fiordiligi in einer Szene aus Mozarts "Così fan tutte", 2013 in Moskau.
Simone Kermes als Fiordiligi in einer Szene aus Mozarts "Così fan tutte", 2013 in Moskau. © picture alliance / dpa / Vladimir Fedorenko
Von Claudia Dasche · 03.07.2015
Sie rockt mit Stimme und Temperament die Bühnen der Welt. An einem Tag im Mai sang die Starsopranistin Simone Kermes dann bei der Eröffnungsgala der diesjährigen Dresdner Musikfestspiele. Doch was hat sie eigentlich vor dem Konzert gemacht?
Kurze Vorausschau, so endet erwartungsgemäß der Tag unmittelbar nach einem Konzert der gebürtigen Leipzigerin Simone Kermes, wenn sie von der Bühne geht. Jetzt aber die Rückschau, in diesem Fall schon zum Tag vor dem Tag des Konzerts.
13.Mai, 16.15 Uhr: Simone Kermes hat bereits eine intensive Klavierprobe mit dem englischen Dirigenten des Festspielorchesters Ivor Bolten absolviert ; beide Künstler kennen sich schon von Produktionen in New York und beide haben auch im Fünf-Sterne-Hotel QF gleich neben der Frauenkirche Quartier bezogen. Mein Treffpunkt, denn um 17.00 Uhr steht die Orchesterprobe an. Ich bin mit ihr und Annerose Schröder, der Leiterin Produktions-Management der Dresdner Festspiele,verabredet. Die Damen sind pünktlich, gut drauf und sichtlich vertraut miteinander.
Schröder/Kermes: "Wir kennen uns seit der letzten Barock-Lounge, ja eigentlich seit den Festspielen, das war am 3.Juni 2013, wir haben uns gesehen und irgendwie stimmte die Chemie gleich; wir haben die selben Ohrringe, die gleiche Schmuckfrau, aber ich hab' leider nicht die Stimme, die sie hat. Der kleine Unterschied..."
Das wäre also geklärt, die Fahrt mit dem Festspiel-gesponserten Phaeton geht los in Richtung Messegelände Halle 1. Seit kurzem bietet die nämlich, außer Kongressen und Rockevents, nach einigen Umbaumaßnahmen auch Klassischem eine Plattform. Ja und wie nutze ich diese Mitfahrgelegenheit am besten? Natürlich um ein paar Fragen zu stellen. Zunächst zur Programmauswahl von Simone Kermes.
Kermes: "Zum Beispiel die Verdi Arie, das ist ja n früher Verdi und Verdi schreibt noch sehr im Belcanto-Stil, alsosehr komplizierte Koloraturen. Das ist für mich immer Herausforderung und ich find' die einfach toll. Und hier durfte ich natürlich nur zwei Arien im Programm singen, also muss ich mir zwei Knaller suchen. Normalerweise singe ich ein ganzes Programm. Ich will nicht sagen, dass ich jetzt unterfordert bin, aber ich bin einfach mal relaxt und singe ja auch Kadenzen, die nicht geschrieben sind mit sehr sehr hohen Tönen, fast bis zum hohen 'E', darum:o mit links machen, das ist es dann schon nicht."
16.50 Uhr: Ankunft. Durch den Bühnen-Hintereingang von Halle 1 zum angesetzten Orchester-Soundcheck, bei dem nebenher auch gleich Lichteffekte, Akustik und Bühne ins Visier genommen werden.
"Wir haben extra die Treppe ein bisschen nach ihren Vorstellungen gestaltet, damit Simone nicht mit den besonderen Schuhen so große Stufen laufen muss. 0-Akustik, aber ich habe mein In-Ear wie Popsänger, da bekommt man mehr Hall, singt besser. Ich mach auch viel Open Air, deshalb bin ich da schon trainiert. Aber trotzdem ist es schön, wenn du ne tolle Akustik hast und live ist ohne Verstärkung."
18.40 Uhr: Ende der Orchester- und der damit auch verbundenen Geduldsprobe für Frau Kermes nach gut einer Stunde-40 Minuten; ihre beiden Arienknaller – "Tu del Carlo al seno" aus Verdis "I Masnadieri" und eine der Titelfigur aus Rossinis "Semiramide" sowie Zugaben von Donizetti, Broschi und Händel angespielt. Die immer noch relaxte Simone Kermes steigt von der Bühne, ist immer noch in Erzähllaune und hat welchen Eindruck vom ersten Durchlauf?
Kermes: "Wenn man die Stücke gut kennt und hat die schon oft gemacht mit verschiedenen Orchestern, in verschiedenen Ländern, auf verschiedenen Podien, habe ich natürlich meine Erfahrung gesammelt und da würde ich mir schon maches gern, gerade auch im Rossini, n'bissel mehr Deteilarbeit wünschen. Und wenn dann manches so nicht kommt, dann fühlt man sich eben nicht so getragen."
Aber als Profi durch und durch weiß Simone Kermes natürlich: beim ersten Mal klappts nie zu 100 Prozent, darum bleiben selbstverständlich Optimismus und Freude auf die bevorstehende Konzertgala, zumal sie es wie gewohnt mit internationalen Spitzenkräften zu tun hat. Und Zeit bis zur Nachtruhe bleibt übrigens auch noch. Von Rückzug oder kräftesammelnder Meditation aber keine Spur.
Kermes: "Die letzten Tage war ich ja ganz artig, hab keinen Alkohol und so was getrunken und jetzt gucken wir mal, denn heute Abend gibt es noch eine Vorabend-Lounge... ich kann ja nicht schon um 10.00 Uhr ins Bett gehen."
Und sind die Nächte so kurz wie diese, liebt sie's, wenn der nächste Morgen entspannt beginnt.
Kermes: "...dann lass ich mir meistens Frühstück auf Zimmer bringen, das genieße ich dann, liege im Bett und hab noch mal Ruhe. Und dann so langsam in die Gänge kommen, das ist prima."
14. Mai: Der Tag vor dem Konzert kann leider nicht nach Simone Kermes Wünschen starten; Aufstehen gegen 8.30 Uhr, ein Joghurt mit Obst zwischendurch, Einsingen auf Sparflamme, denn die 3-stündige Generalprobe ist für 12.00 Uhr anberaumt.
Die Dresdner Messe-Location hat sich bereits in einen attraktiven Lichttempel verwandelt. Alles steht jetzt noch mal auf dem Prüfstand:
Beleuchtung, Bildregie für die beiden Großleinwände seitlich der Vorhänge, Positionscheck der Künstler und Laufwege auf bzw. von der Bühne, das komplette Programm in vorgesehener Reihenfolge von A-Z bis ca. 15.00 Uhr.
Nach K wie Kermes kurze Pause und gleich nochmal nachgefragt, was sie energetisch für den Abend, außer einem Frühstücksjoghurt, in Form hält.
Kermes: "Am besten ist ein Steak mit Gemüse oder ein Salat. Das hält ungeheuer lange vor, das gibt mir ne gewisse Power. Manchmal esse ich dann noch 'ne Banane davor für die Konzentration oder auch einen Apfel."
Viel Zeit bleibt ihr nicht, denn zurück im Hotel, soll noch eine kurze Arbeitsbesprechung und ein Empfang für die Mitwirkenden stattfinden, zudem Intendant Jan Vogler geladen hat und :
Kermes: "Dann muss man sich natürlich noch vorbereiten, die Haare machen, man schminkt sich, macht die ganze Prozedur und geht noch mal seine Musik durch."
18.10 Uhr: Annerose Schröder im Carmenlook chauffiert den Phaeton mit der super gestylten Simone Kermes, Ivor Bolton im Anzug und auch mich freundlicherweise wieder, im sportlichen Allerwelts-Outfit, auf's Dresdner Messegelände.
In Halle 1 liegt Spannung in der Luft. Musikergrüppchen halten Small Talk, üben letzte Passagen durch-und miteinander hinter dem Vorhang; Zuschauerströme davor sichern sich einen der über 2000 Plätze; La Diva entschwebt mit uns beiden Lady's in ihre Garderobe. Hier packt sie die silberflitternen High Heels aus – unauffällig präpariert mit Klebeband an den Absätzen, um eventuellen Sturzgefahren vorzubeugen - und die elegante Abendrobe.
Kermes: "Ich hab heute ein Kleid, das is so n'bissl im Stile von Alexander McQueen, so mit Tüll, mit Spitze, schwarz-silbern, glitzi. Ich hab dazu noch ein Paar Svarowski-Ohrringe, ist modern und nicht hinten lang und ich wische damit nicht den ganzen Fußboden - es ist modern... Das hatte ich hier noch nicht an, kennen die Leute noch nicht und das ist auch wichtig."
Kurz nach 19.00 Uhr: Beginn der Konzertgala. Hinter der Bühne habe ich Position bezogen, um von der Starsopranistin zu erfahren, wie sie sich in so einem Moment, wenige Minuten vor dem Auftritt, fühlt.
Kermes: "Ich bin jetzt etwas nervös, mein Herz, sie können hören, anfassen, schlägt, kalte Hände, dann hasse ich manchmal den Beruf."
14.Mai, 19.45 Uhr: Simone Kermes tritt ins Rampenlicht. Die "Königin der Koloraturen", "Lady Gaga", "Dramma Queen" – alles Beinamen, die ihr absolut gerecht werden und mit denen sie im Übrigen, wie sie sagt, gut leben kann – entzündet ihr fulminantes Feuerwerk von der ersten Arie bis zur 3.Zugabe. Und das ansonsten nur schwer aus der Reserve zu lockende Dresdner Publikum: ist schwer begeistert.
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