Schwerin

Streit um eine Elefantenkuh in "Aida"

Das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin
Das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin © Deutschlandradio / Dammann
Von Silke Hasselmann · 18.05.2016
Als ob das unterfinanzierte Theater in Schwerin keine anderen Sorgen hätte: Derzeit gibt es Krach wegen eines Elefanten, der in einer Inszenierung von "Aida" am Staatstheater zum Einsatz kommen soll. Dagegen laufen Tierschützer Sturm.
Musik: Anfang "Triumphmarsch" aus "Aida"
Das ist Verdis "Aida" mit der vielleicht berühmtesten Szene, dem "Triumphmarsch". Werden diese Töne in der Zeit vom 8. Juli bis 14. August im Alten Garten von Schwerin erklingen, ist es hohe Zeit für Malas großen Auftritt. Oder besser: für den Auftritt der großen Mala. Die stattliche Elefantenkuh soll den Rahmen schaffen, wie sie ihn hier 1999 hatten – bei der ersten "Aida"-Aufführung unter freiem Himmel, sagt Joachim Kümmritz. Er ist Generalintendant des Mecklenburgischen Staatstheaters und Erfinder der Schlossfestspiele unter freiem Himmel.
"Wir hatten damals großen Erfolg mit einem kleinen Elefanten. Der hat sich wohlgefühlt und hat, wie in vielen Inszenierungen "Aida", den "Triumphmarsch" präsentiert, indem er vorne weg geht. Dasselbe soll Mala machen. Allerdings ist sie ein bisschen größer als der damalige Elefant.

Ein Elefant gehört dazu, sagt der Intendant

"Dauert nicht länger als drei bis vier Minuten, die Aktion. Da kommen noch Kamele dazu und da kommen Menschen dazu, die nach einem 'siegreichen' – weil, ob man einen Krieg wirklich siegreich gestalten kann, wenn man die Folgen bedenkt, wage ich mal zu bezweifeln... Aber es ist ein Dokument: Hier kommen Leute, und die haben einen Krieg gewonnen! Und da ist martialisch ein Elefant vorne."
Mann: "Blödsinn! Die Tiere haben da nischt zu suchen."
Frau: "Kann man doch auch als Attrappe machen, oder nicht? Ist doch Quälerei."
Schülerin: "Also die tun mir leid, die Tiere. Erstmal durch die Lautstärke, dann kriegen sie Angst und fühlen sich auch ein bisschen bedrängt."
Die Lautstärke von Orchester und Chor werde bei höchstens 80 dB erreichen, also auch nicht höher liegen als bei vorbeifahrenden LKWs oder bei Rasenmähern, sagt Generalintendant Kümmritz.
Der scheidende Intendant des Mecklenburgischen Staatstheaters in Schwerin, Joachim Kümmritz
Der scheidende Intendant des Mecklenburgischen Staatstheaters in Schwerin, Joachim Kümmritz.© picture alliance / ZB
Dennoch sind die geplanten 23 Schweriner Aida-Aufführungen mit Elefant zu einem Politikum geworden: Die Tierschutzorganisation PETA macht Stress. Es gibt Stimmen für ein Bürgerbegehren. Und Stadtvertreter Manfred Strauß von den "Unabhängigen Bürgern" hat dafür jedes Verständnis:
"Es ist nicht mehr zeitgemäß, Elefanten in einer Oper zu haben. Zumal wenn sie 23 Mal dem Stress ausgesetzt werden auf kurzem Weg zweimal hin- und hertransportiert zu werden, dann ist das für das Tier nicht gut und es ist auch nicht gut für das Image der Schlossfestspiele."

Tierschützer sind entrüstet

Erst Ende Januar überzeugten die "Unabhängigen Bürger" eine Mehrheit der Schweriner Stadtvertretung von einem Wildtierverbot. Nun darf in Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt kein Affe, kein Bär, kein Zebra zur Unterhaltung der Menschen auftreten. Das zielt vor allem auf Zirkus-Unternehmen, sollte aber auch den Elefanten-Auftritt in "Aida" verhindern.
Da geht der Tierschutz zu weit, fand die linke Oberbürgermeisterin und bekennende Opernliebhaberin Angelika Gramkow und stimmte dagegen. Sie ist froh, dass das Theater schon Ende vorigen Jahres mit dem Platschower Elefantenhof handelseinig geworden war. Denn:
Angelika Gramkow: "Dankenswerterweise hat die Stadtpolitik einen Passus beschlossen, der lautet: Geltende Verträge werden umgesetzt. Also wenn ein Zirkus bereits einen Vertrag in der Stadt hat, um hier aufzutreten in diesem Jahr, dann darf er auch auftreten. Aber neue Verträge mit Veranstaltern, die Wildtiere im Programm haben, dürfen wir nicht mehr abschließen. Das wird auch so umgesetzt, ob es der Oberbürgermeisterin paßt oder nicht. Aber es wird die 'Aida'-Aufführung nicht betreffen können; der Beschluss war eindeutig. Aber es wird weiter eine Debatte geben um einen Elefanten, der gar nicht weiß, was ist."

Bei der Uraufführung in Kairo gab es keine Elefanten

Die"Aida"-Inszenierung wird den langjährigen Verdi-Zyklus der Schweriner Schlossfestspiele beenden und zugleich das letzte Projekt von Joachim Kümmritz als Generalintendant des Mecklenburgischen Staatstheaters sein. Auch deshalb will er sich die Arbeit mit der 31jährigen Elefantenkuh Mala nicht vermiesen lassen, obwohl sie nichts mit Werktreue zu tun hat. Der Komponist hatte eine elefantische Mitwirkung jedenfalls nicht im Sinn.
"Nein, das war ja damals in Kairo bei der Uraufführung nicht so. Aber es gibt viele Inszenierungen, wo es so war. Und das muss man doch einfach den Leuten überlassen, die die Inszenierungen machen. Ich denke, besonders in der Freiluft, wie wir das machen im Alten Garten – aus meiner persönlichen Sicht gehört es dazu."
Mala werde ihre Rolle als Anführerin des "Triumphmarsches" ausfüllen, ohne Schaden zu nehmen, verspricht Intendant Kümmritz. Eine Amtstierärztin werde den Auftritt beobachten.
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