Schwabacher Synagogengasse

Schätze des fränkischen Judentums

Kirchturm der St.-Martin-Kirche über dem Rathaus von Schwabach
Kirchturm der St.-Martin-Kirche über dem Rathaus von Schwabach © imago/Werner Otto
Von Thomas Senne · 05.06.2015
Die Synagogengasse in Schwabach erinnert an das jüdische Leben in der bayerischen Stadt - von dem heute nichts mehr übrig ist. Ab nächstem Jahr wird die restaurierte Gebäudegruppe der Öffentlichkeit zugänglich sein.
Überall wird gesägt und gehämmert in der Schwabacher Synagogengasse. Bauarbeiter laden Schutt auf LKWs. Auf den ersten Blick erinnert nichts daran, dass hier, mitten in der Altstadt, einst das Herz der jüdischen Gemeinde von Schwabach schlug. Doch die Restaurierungsarbeiten gehen zügig voran und wenn alles gut geht, kann hier im Mai nächsten Jahres sogar eine Dependance des Jüdischen Museums Franken eröffnen, meint die Leiterin dieser Institution, Daniela Eisenstein:
"Hier ist die komplette historische Bausubstanz noch da, anhand sich das jüdische Leben des 18., 19., 20. Jahrhunderts nachvollziehen lässt. Also hier kann man wirklich eintauchen in dieses jüdische Leben und das ist sozusagen die Gasse, in der die Synagoge steht, das Rabbinerhaus, das Lehrhaus. Der Schächter hat hier gelebt, der Ururgroßvater von Karl Marx. Bedeutende Vorstandsmitglieder der Synagoge haben hier gewirkt. Lehrer haben hier gewirkt, die einen besonderen Ruf hatten. Der Schulklopfer hat hier gelebt. Alles, was man sozusagen zum jüdischen Leben gebraucht hat, befand sich hier ..."
Kostbare Wandbilder von Moses mit Gesetzestafeln
Sogar eine einmalige historische Laubhütte, die 2001 bei Renovierungsarbeiten eines Wohnhauses entdeckt wurde und sensationelle Fresken aufweist, die ihresgleichen suchen. Eines der mit kostbaren Pigmenten wie Malachit gemalten farbigen Wandbilder zeigt Moses mit den Gesetzestafeln; ein anderes einen Mann mit Schabbesdeckel, dem traditionellen Hut gläubiger Juden.
"Ein Teil dieser Wandmalerei zeigt eine symbolische Darstellung, die man sonst nur in hebräischen Buchdrucken findet, vereinzelt vielleicht mal auf einer Fayence oder auf Textilien. Aber wir kennen es aus keiner anderen Sukka und bis jetzt auch nicht aus einem sakralen Bau, einer Synagoge oder Betstube. Hier wird gerade die Fassade neu gestrichen und innen ist gestrichen worden. Elektrik ist gelegt worden. Die Lichtschalter sind neu, sehe ich gerade. Und es sind Türen eingebaut worden, die ich noch nicht gesehen habe."
Ein schlichter, freilich noch unfertiger Kassenraum erwartet die Besucher im ersten Stock des zweigeschossigen Gebäudes, eines ehemaligen Wohnhauses, in dem sich auch die Laubhütte befindet. An den Wänden der künftigen Ausstellungsräume, in denen nach der Eröffnung im kommenden Jahr auch audiovisuelle Medien eingesetzt werden sollen, hängen ochsenblutfarbene Eisengitter. An sie werden dann die schwarzen Vitrinen gehängt, die über die Schwabacher Juden informieren werden. Eine Etage höher sind die kostbaren Wandmalereien zu sehen und ein weiterer Schauraum.
"Hier haben wir einen zweiten Ausstellungsbereich und in diesem Bereich zeigen wir alles, was zum Laubhüttenfest und Laubhütten gehört. Zum Teil mit Objekten von der Laubhütte, mit historischen Objekten aus der Region, also ältere Objekte, aber auch mit zeitgenössischen Dingen. Das Besondere ist, dass wir sowenig wie möglich mit Text hier arbeiten. Es wird Textfahnen geben. Es werden beispielsweise in diesem Raum auch Objekte gezeigt, die etwas über die Biografie des Eigentümers aussagen. Aber die ganzen Bildunterschriften, die werden sozusagen nicht an die Wand angebracht, sondern die trägt man mit sich in einem mobilen Gerät. Man kann sie lesen, kann sie hören. Wenn noch etwas da ist, planen wir, das Ganze auch in Gebärdensprache anzubieten."
Informationen per Smartphone und App
Mit Hilfe von Flyern oder einer aufs Mobiltelefon herunterladbaren App wird der Besucher der Schwabacher Synagogengasse ab Mai nächsten Jahres Details über die jüdischen Häuser und ihre ehemaligen Bewohner erfahren können. Der Schwabacher Bürgermeister Roland Oeser jedenfalls ist mit dem Fortschritt des Bauvorhabens überaus zufrieden und bereut nicht, dass sich seine Kommune bei diesem Projekt engagiert.
"Der Hintergrund ist der, dass das Ensemble Synagogengasse für Schwabach einen historischen Wert hat und ein Teil der Schwabacher Geschichte ist. Das gehört praktisch zu Schwabach dazu wie viele andere historische Teile dieser Stadt auch."
Mit dem Projekt "Synagogengasse" will die Stadt zusammen mit der Leiterin des Jüdischen Museums Franken, Daniela Eisenstein, an das jüdische Leben mit seinen Ritualen erinnern, das freilich seit der Shoah aus Schwabach verschwunden ist.
"Hier gibt es keine jüdische Gemeinde mehr. Die Juden, die in Schwabach gelebt haben, sind vertrieben worden und Schwabach rühmte sich, judenfrei zu sein nach der Pogromnacht. Also die Pogromnacht hat eben die Wirkung gehabt, dass man die letzten jüdischen Bewohner vor die Wahl gestellt hat, hier zu bleiben und zu leiden oder gleich zu gehen. Also man hat sie vertrieben und war sehr stolz darauf. Es hat nie wieder eine Gründung einer jüdischen Gemeinde gegeben."
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