Schostakowitsch und Strawinsky

05.01.2007
"Ich habe mich darin verliebt mit meiner ganzen Seele", sagte David Oistrach, als er Schostakowitschs a-Moll-Konzert, das ihm gewidmet war, wieder aufgefrischt hatte für die späte Uraufführung im Oktober 1955 mit den Leningrader Philharmonikern unter der Leitung von Jewgenij Mrawinskij. Es wurde ein großer Triumph. Die Kritiken waren euphorisch und Oistrach nahm das Stück gleich mit auf seine Amerikatournee, noch bevor es in der sowjetischen Hauptstadt gespielt werden konnte.
Fertig war das Konzert schon sieben Jahre früher, in einer Zeit, als der sensible Künstler die Machtmaschinerie des Sowjetstaates so richtig zu spüren bekam. Ende 1946 war Schostakowitsch noch mit allen Ehrungen überschüttet worden. Als Stalin den rigorosen Andrej Zhdanow zu seinem ideologischen Wachhund erkoren hatte, fiel der Komponist bald in Ungnade. Im Februar 1948 wurde eine Liste erstellt mit Komponisten, denen man Formalismus und Volksfremdheit vorwarf. Schostakowitsch fand sich dort in bester Gesellschaft mit Prokofjew und Chatschaturjan.

1928 erhielt Strawinsky von der Tänzerin Ida Rubinstein den Auftrag, ein abendfüllendes Ballett zu komponieren. Das war eher zufällig im Jahr von Peter Tschaikowskys 35. Todestag, der in den russischen Kirchen von Paris gebührend begangen wurde. Und so fasste Strawinsky die Arbeit auch als Ehrung für seinen Landsmann auf. Als Sujet wählte er Andersens Märchen "Die Eisjungfrau", eine Art Allegorie auf Tschaikowskys Person. Der Kuss der Fee als Symbol für den Kuss der Muse auf den begnadeten Komponisten. Zwischen seine eigenen Musiken streute Strawinsky Stücke von Tschaikowsky ein. Später schrieb er:

"Die einzige Vorgabe, die ich hinsichtlich der Auswahl der Musik befolgen wollte, bestand darin, dass keines der Stücke von Tschaikowsky selbst schon orchestriert worden war, d. h. also, dass ich meine Auswahl aus Klavierstücken und Liedern zu treffen hatte. Ich kannte bereits ungefähr die Hälfte der so ausgewählten Musik; die anderen Stücke waren für mich Neuentdeckungen. Heute erinnere ich mich nur noch vage, welche Musik von Tschaikowsky und welche von mir stammt."


Semperoper Dresden
Aufzeichnung vom 19.12.2006

Dmitri Schostakowitsch
Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 a-Moll op. 99

Igor Strawinsky
"Le baiser de la fée" , Allegorisches Ballett in 4 Akten
(Fassung: Wladimir Jurowski)

Vadim Repin, Violine
Sächsische Staatskapelle Dresden
Leitung: Wladimir Jurowski

nach Konzertende ca. 21:40 Uhr Nachrichten