Schlafstörungen

Auf der Suche nach Erholung

Müdigkeit allein macht noch keinen guten Schlaf.
Müdigkeit allein macht noch keinen guten Schlaf. © picture alliance / dpa - Martin Gerten
Von Ernst-Ludwig Aster · 04.12.2014
Zwischen zehn und fünfzehn Prozent der Deutschen leiden unter Schlafstörungen. Wenn ein Spaziergang und warme Milch nicht helfen, kann eine Untersuchung im Schlaflabor die Ursachen erhellen. Dabei müssen sich Patienten einiges gefallen lassen.
In Zimmer 1, im Flur ganz hinten links, schiebt Günther Steffen langsam die Hosenbeine seines Schlafanzugs nach oben. Vor ihm geht Stefan Pandura in die Knie. Elektroden und Kabel in der Hand…
"Es geht los mit Beinkabeln, da geht es darum Muskelaktivtäten zu detektieren."
Vorsichtig befestigt der Medizinstudent die Metallplättchen an den Waden. Der Rentner blickt aus dem Fenster, erzählt, warum er schon die zweite Nacht im Schlaflabor verbringt.
"So wie es den meisten wahrscheinlich geht, das die Ehefrau den Männern sagt, sie schnarchen, dass sie schnarchen."
Jede Körperreaktion wird überwacht
Diagnose: Schlafapnoe. Eine Qual für Schläfer und Mitschlafende. Der eine findet keine Entspannung, der andere kann kein Auge zu tun. Ein kleiner graugrüner Kasten, eine Art elektronische Mini-Pumpe mit angeschlossener Atemmaske kann da oft helfen.
Pandura: "Bei den meisten Patienten ist es das Problem, dass die Gaumenmuskulatur in der Nacht zusammenfällt und dann die Atemwege verlegt. Und dieser kontinuierliche Druck sorgt dafür, dass die quasi künstlich aufgepustet werden, die Atemwege. Und der Atemfluss die ganze Nacht bestehen bleibt."
Der Druck-Kasten soll heute bei Steffen getestet werden. Jede Körperreaktion im Schlaf wird dabei überwacht. Die Herzfrequenz ebenso wie die Augenbewegungen.
"Man unterteilt den Schlaf ja grob in zwei Phasen, in den REM-Schlaf und in den Non-REM-Schlaf. Das REM steht ja für rapid eye movements, für schnelle Augenbewegungen. Und genauso sieht die Schlafphase ja auch aus. Das man bei dem Patienten sieht, dass sich die Augen schnell hin und her bewegen."
Arm- und Beinmuskeln sind dabei vollkommen entspannt, die Augen aber in schneller Bewegung. Reagieren auf die Traumwelten des Schlafenden. In dieser Phase, so eine Theorie der Schlafforscher, werden Alltagserlebnisse vom Gehirn verarbeitet.
Pandura klebt Elektroden auf die Augenlider. Sein Patient sitzt stoisch auf der Bettkante, verzieht keine Miene. Er kennt das schon.
"Ja das dauert noch ne ganze Zeit und zum Schluss sehe ich dann aus mit Maske wie ein Pilot vom Düsenjäger und da liegt die Kamera schon und dann werde ich mich fotografieren."
Voruntersuchung mit mobilem Gerät
"N' Abend…nur am Arbeiten, geschlafen wird hier nicht…"
Draußen auf dem Gang warten bereits die nächsten Patienten. Eine Mittfünfzigerin im Bademantel und eine Rentnerin mit Tochter und Ehemann. Pandura holt zwei Plastiktüten mit Messgeräten aus seinem Büro.
"Ich habe hier ein mobiles Gerät, dann können wir das hier mal anlegen. Und sie können sich das angucken, Frau Stangenberg. Und dann können sie das zuhause genauso machen…An dem Gerät sind drei Sachen, die wir messen. Hier den Thoraxgurt, hier einmal bitte festhalten, der misst, wie sich ihr Oberkörper hebt und senkt."
Patientin: "Oh Gott"
Ein Thoraxgurt für den Oberkörper, ein Pulsoximeter für den Zeigefinger, um die Sauerstoffsättigung zu messen, eine Nasenbrille für die Atemfluss-Kontrolle – das Beobachtungs-Set für den Heimschläfer.

"Das Gerät startet automatisch um 22.00 Uhr und geht dann wieder um sechs Uhr aus."
Alle Daten werden gespeichert, später von Schlafmedizinern analysiert. Die entscheiden dann, wer eine Nacht im Schlaflabor verbringen darf. Zehn bis 15 Prozent der Bundesbürger leiden an schweren, also chronischen Schlafstörungen. Vielen von ihnen kann eine genaue Diagnose im Schlaflabor helfen, eine geeignete Behandlung zu finden.
Verkabeln für die Hirnstrommessung
Weiter geht die Verkabelung in Zimmer 1. Jetzt für die Hirnstrom-Messung. Durch das dicke graue Haar des Rentners müssen Goldelektroden punktgenau auf die Kopfhaut angebracht werden.

Patient: "Die Glatzenträger sind ihm lieber."
Student: "Das ist wahr...Das ist so ein Kleber, der riecht ein bisschen ekelhaft so lange der flüssig ist aber der wird dann trocken geföhnt."
Ein beißender Geruch dringt in die Nase. Messen, kleben, fönen - nach einer Dreiviertelstunde sitzt der Patient fertigt verkabelt auf dem Bett. Die Atemmaske vor Mund und Nase. Eine Erscheinung irgendwo zwischen Medusa und Jet-Pilot.
Pandura geht nach nebenan, in den Überwachungsraum, schaltet den Monitor der Nachtsichtkamera ein, startet den Computer. Der verkabelte Rentner erscheint auf die Bildschirm, die Kopfelektroden auf dem Monitor leuchten grün, das heißt alles ok. Pandura drückt den Knopf der Gegensprechanlage.
"Herr Steffen, wenn sie mich hören können bitte einmal den rechten Arm heben."
Regungslos liegt der Rentner im Bett. Nichts bewegt sich.
"Herr Steffen, wenn sie mich hören können, bitte einmal den rechten Arm heben."
Die Gegensprechanlage ist kaputt. Der Patient hört nichts. Der Medizinstudent blickt genervt, muss improvisieren. Gibt schließlich per Mobiltelefon die Anweisungen: "Arm heben", "Augen rollen", "Kiefer bewegen", "Beine anziehen". Jede Bewegung erzeugt eine Kurve auf dem Überwachungsbildschirm. Pandura nickt zufrieden. Die Nacht kann beginnen.
"Ich wünsche ihnen eine gute Nacht, träumen sie was Schönes, bis morgen dann, ab sechs komme ich sie abkabeln."
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