Schillernder Sprintstar

Von Eduard Hoffmann · 16.07.2013
Sie brachte in den 80er-Jahren einen Hauch von Hollywood auf die Tartanbahn und sorgte für schrillen Glamour in den Stadien: die US-amerikanische Sprinterin Florence Griffith-Joyner. Bei den Ausscheidungswettkämpfen für die Olympischen Spiele in Südkorea lief sie die 100 Meter in sagenhaften 10,49 Sekunden.
Sie brachte in den 80er-Jahren einen Hauch von Hollywood auf die Tartanbahn und sorgte für schrillen Glamour in den Stadien: die US-amerikanische Sprinterin Florence Griffith-Joyner. Bei den Ausscheidungswettkämpfen für die Olympischen Spiele in Südkorea lief sie die 100 Meter in sagenhaften 10,49 Sekunden.

Immer noch gilt sie als schnellste Frau der Welt: Florence Griffith-Joyner, die selbstbewusste und attraktive US-Amerikanerin mit der wallenden schwarzen Lockenmähne, die in den 80er-Jahren mit ihren hautengen und bonbonfarbenen Laufanzügen die Rennbahn gewissermaßen zum Laufsteg machte.

"Es fühlt sich gut an, es ist einfach mal etwas anderes, ich habe es selber entworfen und trage es eben."

"Glamourgirl" und "Diva der Tartanbahn" wurde die 1959 in Los Angeles geborene extravagante Athletin genannt. Immer stark geschminkt und mit langen bunten Fingernägeln ging Flo-Jo an den Start. Auch bei den amerikanischen Ausscheidungswettkämpfen für die Olympischen Spiele in Südkorea. Es war der 16. Juli 1988 in Indianapolis, ein glühend heißer Tag. Schon im Vorlauf über die 100 Meter hatte Florence Griffith-Joyner für eine Sensation gesorgt. Die Stoppuhren waren bei 10,6 Sekunden stehen geblieben. Das wäre neuer Weltrekord gewesen. Aber der gemessene Rückenwind war zu stark.

"Jetzt der Zwischenlauf, der erste von dreien. Die Favoritin, bekannt durch ihre schockierenden Hautanzüge und krallenhaften Fingernägel auf Bahn fünf, und da kommt sie auf mit langen Schritten und siegt souverän in sensationeller Zeit: 10,49, das kann doch nicht stimmen, aber es stimmt, Rückenwind gleich null, ein wirklicher Paukenschlag, neuer Weltrekord über 100 Meter, 10,49 Sekunden."

Nicht nur ARD-Reporter Ben Wett staunte ungläubig. Auch die amerikanischen Kollegen glaubten nicht an die Zeit von Griffith-Joyner. Denn das bedeutete, dass sie Evelyn Ashfords Rekord von 10,76 Sekunden, 1984 gelaufen auf der schnellen Bahn in Zürich, um fast drei Zehntelsekunden unterboten hätte.

"Ah, cannot be, no one can ran that fast, the heat here must have been doing something to the electronic.”"

Wahrscheinlich, so vermuteten die Journalisten, habe die große Hitze die elektronische Windmessung beeinflusst, denn niemand könne so schnell laufen. Doch der unglaubliche Weltrekord wurde anerkannt. Mit den 10,49 hätte Flo-Jo auch am olympischen Endlauf der Männer in Südkorea teilnehmen können.

In Seoul überraschte der schillernde Sprintstar im September 1988 erneut. Florence Griffith-Joyner gewann dreimal Gold, über 100 und 200 Meter sowie mit der 4-x-100-Meter-Staffel, zusätzlich noch einmal Silber mit der 4-x-400-Meter-Staffel. Während sie ihren 100-Meter-Weltrekord von Indianapolis nur knapp verfehlte, lief Flo-Jo, damals 28 Jahre alt, über die 200 Meter einen weiteren Weltrekord.

" "Sie ist vorn, die Florence Griffith, ganz allein ist sie vorn, und sie setzt sich noch weiter ab vom Feld, und die Jamaikanerinnen kommen, Florence Griffith gewinnt, sie gewinnt vor Grace Jackson und sie gewinnt vor Marilyn Ottey, und da schauen wir auf die Uhr, und das kann es ja eigentlich gar nicht geben, 21’33, 21’33, sie liegt auf der Bahn und sie kann es wohl selbst nicht fassen."

Spätestens, nachdem ihr Teamkollege Ben Johnson, der über die 100 Meter in Seoul 1988 Weltrekord gesprintet war, des Dopings überführt wurde, gerieten auch Florence Griffith-Joyner und weitere Mitglieder ihrer Leichtathletik-Familie unter Verdacht.

"Als ich von den Gerüchten über mich und meine Schwägerin Jackie Joyner-Kersee hörte, war ich schon sehr getroffen."

Aber vieles deutete auf die Einnahme verbotener Mittel hin: das Anwachsen ihrer Muskeln in kürzester Zeit, die dunkle Stimme. Auch der Rücktritt vom Leistungssport 1989, auf dem Zenit ihrer Athletenkarriere mit einem geschätzten Marktwert von 50 Millionen Mark, gab Anlass zu Spekulationen. Denn genau zu dieser Zeit wurden verschärfte Dopingkontrollen angekündigt.

1998 starb Florence Griffith-Joyner, gerade mal 38 Jahre alt. Die offizielle Diagnose: Schlaganfall. Für viele eine Spätfolge unerlaubten Anabolikagebrauchs. Positiv getestet wurde der glamouröse Superstar aber nie. So haben denn auch ihre Weltrekorde über 100 und 200 Meter nach 25 Jahren weiterhin Gültigkeit.
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