Schauspiel-Techniken

    Was ist eigentlich "Method Acting"`?

    Von Gerd Brendel · 02.03.2014
    Susan Batson ist eine der renommiertesten Schauspielcoaches der USA. Sie arbeitet unter anderem mit Nicole Kidman, Juliette Binoche oder Tom Cruise. Ihr ist es wichtig, dass die Schauspieler eigenen unbewussten Gefühle in sich zum Leben erwecken.
    In Susan Batsons Schauspiel-Workshop fließen die Tränen reichlich. Jede Teilnehmerin, jedem Teilnehmer wurde eine Hausaufgabe gestellt: Beschreibe, warum du gerne in andere Rolle schlüpfst. Schildere eine gewalttätige Szene aus deiner Kindheit. Würdest du dein Leben für eine Rolle geben?
    Typisches Schauspieler- Geplapper akzeptiert die Lehrerin allerdings nicht als Antworten. Es geht um die eigenen erlebten Gefühle. Das hat Susan Batson in ihrem New Yorker Studio schon Juliette Binoche und Nicole Kidman vermittelt.
    "Hier in Deutschland liegt die Betonung auf dem Text, der Geschichte, in Amerika auf dem Gefühl."
    Eine Rolle mit Hilfe eigener erinnerter Gefühle zum Leben zu erwecken - das ist die Kernidee des "Method Acting". Susan Batson hat Lee Strasbergs Lehre weiterentwickelt mit Anleihen aus der Psychologie: Statt von Gefühlserinnerungen spricht sie von einem "Need", einem Grundbedürfnis oder einer traumatischen unbewussten Mangelerfahrung.
    "Dieses unerfüllte Grundbedürfnis begleitet jeden von uns seit frühster Kindheit. Auf der anderen Seite gibt es das öffentliche Bild von uns Das erhalten wir aufrecht, um unsere wahren Bedürfnisse zu verstecken."
    Das gilt auch für Schauspieler. James Franco erklärte in der "New York Times" die exzentrischen Auftritte seines Kollegen Shia LaBeouf als Versuch die eigene Individualität vor der öffentlichen Person zu retten. Berühmte Schauspieler spielen eben nicht nur unterschiedliche Film oder -Theaterrollen. Sie werden immer mehr zu Darstellern ihrer selbst. Dass sie sich ihr Grundbedürfnis nach Spiel erfüllen, hat einen hohen Preis. Was ist für Susan Batson ein guter Schauspieler?
    "Sie müssen in den Charakteren, die sie spielen, ein Grundbedürfnis finden, das sie mit der Rolle teilen."

    So wird das Training zur Therapie, zur erfolgreichen Therapie. Der Tod des Schauspielers Phillip Seymour-Hofmann – für Susan Batson ist er kein Beispiel gesteigerter Rollenidentifikation nach "Method Acting". Im Gegenteil:
    "Ich glaube, dass das Spielen ihn so lange am Leben gehalten hat."
    In Susan Batsons Workshop fließen die Tränen reichlich, wenn die Teilnehmer von ihren Traumata eingeholt werden, aber es wird auch viel gelacht, wie in jeder guten Gruppentherapie.