Schauspiel

"Lachen ist die einzige Konstante"

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Schauspielerin Valerie Pachner sagt von sich, dass Lachen vielleicht die einzige Konstante in ihrem Leben ist. © Julian Baumann
Von Andi Hörmann · 21.05.2014
Die gebürtige Österreicherin Valerie Pachner ist seit dieser Spielzeit Ensemble-Mitglied am Residenztheater München - direkt nachdem sie 2013 in Wien das Max Reinhardt Seminar absolviert hat. Neben ihrer Theaterarbeit hat die 26-jährige Schauspielerin in diversen Kurzfilmen und einem Kinofilm von Thomas Woschitz mitgespielt. Der Anfang einer Karriere?
Valerie Pachner: "Gerade werden meine Haare geschneckelt. Das ist das, was man macht, wenn man Perücken aufgesetzt bekommt. Damit die Haare möglichst flach auf dem Kopf liegen."
30 Minuten vor Vorstellungsbeginn, Residenztheater München, hinter den Kulissen: Die Maskenbildnerin hantiert mit Haarnadeln und Sprühflasche.
Sie stechen sofort ins Auge, die Haare von Valerie Pachner - wie sie da sitzt, vor der Spiegelwand in der Maske: lockig, rötlich, voluminös.
"Sie sind ein bisschen widerspenstig, manchmal. Ja, mein Haare halt! Die machen mich jetzt nicht unbedingt aus, die sind schon o.k. Ich will nicht über meine Haare reden. Das ist doch völlig uninteressant."
Okay, dann zu interessanteren Beobachtungen: Multitasking hilft gegen leichtes Lampenfieber. Ein Schluck Mineralwasser, blättern im Textbuch, Interview vor dem Spiegelbild. Moment! Da, am Mittelscheitel: eine etwa zwei Zentimeter lange Narbe.
"Da? Unfall, mit zwölf. Ich hab einen Salto am Pool gemacht und bin an den Beckenrand geknallt. Platzwunde. Und deswegen habe ich diese Narbe. Und seitdem mache ich keine Saltos mehr in einen Pool. Das traue ich mich nicht mehr. Nur außerhalb, auf der Bühne. Aber wir wollen ja nicht über meine Haare reden."
Auch die Ereignisse im gerade beginnenden Berufsleben von Valerie Pachner überschlagen sich: Kaum die Schauspielschule absolviert, schon ein Engagement an einem renommierten Haus, dem Residenztheater München. Mit Mitte 20, der Start einer steilen Schauspielkarriere - von Orientierungslosigkeit keine Spur. Und trotzdem beklagt Valerie Pachner eine gewisse Beliebigkeit im Leben wie im Theater - während in der Maske die Wassertropfen aus der Sprühflasche über ihrem Kopf zerstäuben.
Ein Abend, vier Rollen
"Man weiß ja nicht: Wohin, was wollen wir? Und anstatt, dass man sich wirklich mit dieser Frage auseinandersetzt und einen Weg einschlägt, wird diese Beliebigkeit zum Kern der Arbeit auserkoren. Das ist dann so: ah, ist doch egal, und wird so ja crazy und machen jetzt so ... So sind halt die Leute heute ... Und das ist alles so egal! Man gilt dann gleich als altmodisch oder romantisch, wenn man sagt: um irgendwas muss es doch gehen?"
Valerie Pachner ist 1987 in der 60.000-Einwohner-Stadt Wels in Oberösterreich geboren. Sie wächst auf dem Land auf, ihr Vater war Marketing Manager, ihre Mutter unterrichtet Englisch und Kunst an einer Hauptschule. Mit 16 macht Valerie Pachner auf einer dreiwöchigen Sommerschule in Graz die ersten Erfahrungen auf der Theaterbühne.
"Gerade in dem Alter hat mich das Wegwollen und immer etwas Anderes, sehr getrieben."
Nach der Matura geht sie für ein Freiwillig Soziales Jahr nach Honduras. 2007 beginnt sie ein Studium in Wien: Internationale Entwicklung und Germanistik. Mit dem Vordiplom schmeißt sie hin, macht in Wien die Aufnahmeprüfung am Max Reinhardt Seminar.
"Ich fand Schauspielschule immer blöd, ich wollte das nicht, ich wollte auch nicht Schauspielerin werden. Erst im Laufe der Schauspielschule hat sich das gefestigt, dass ich das jetzt mal will. Ich habe mir das auch so wenig erlaubt, weil ich dachte, ich muss etwas vernünftigeres Machen, ich muss die Welt retten. Und wie soll ich mit Schauspiel die Welt retten?"
Schon im letzten Jahr der Schauspielschule hat Valerie Pachner am Residenztheater München ein Vorsprechen, später ein Gastspiel. Seit der Spielzeit 2013/14 ist sie Ensemblemitglied, spielt in John von Düffels "Orest" und in "Die Schneekönigin" nach dem Märchen von Hans Christian Andersen. An diesem Abend steht Valerie Pachner in Barbara Webers Theateradaption von Heinrichs Manns Roman "Die Jagd nach Liebe" auf der Bühne und schlüpft in gleich vier Rollen - ein Liebesreigen zwischen Künstlerdasein und Bürgertum.
Aus Wien nach Bayern
Nach sechs Jahren Wien kommt die Österreicherin Valerie Pachner gerade in Bayern an - ein Neustart, ein Neubeginn. Sie wohnt im Münchner Westend, einem ehemaligen Arbeiterviertel mitten im Prozess der Gentrifizierung. Eine Zweier-WG im Erdgeschoß. Im Vorderhaus teilt sie sich ein Atelier mit einem Bühnenbildner.
"Hier ist mein Zimmer."
Ganz schön reduziert.
"Ja, Bett, Bücher. Hier das Tischchen. Spiegel."
Und das wichtigste ist der Spiegel.
"Nein. Das ist natürlich nicht unwichtig. Klar."
Ein maroder, doch sehr aufgeräumter Altbau mit Holzöfen und langem Wohnungsflur. Zum Interviewtermin brüht Valerie Pachner Kaffee auf. Mit blauem Jeanskleid, schwarzer Strumpfhose und seriöser Brille steht sie in ihrem WG-Zimmer und nippt an dem heißen, schwarzen Kaffee.
"Ich weiß nicht viel, aber was ich weiß ist, dass ich mich die letzten Jahre wahnsinnig verändert habe - für mich, in mir, in meinem Empfinden."
Doch eins muss wohl schon immer da gewesen sein: Das Lachen von Valerie Pachner. Einfach so bricht es oftmals aus ihr heraus, wenn sie mit ihren wachen, blauen Augen blinzelt und sich eine rötlich schimmernde Haarlocke aus dem Gesicht streicht.
"Ja, vielleicht ist das Lachen die einzige Konstante in meinem Leben. Das kann sein. Ich weiß es nicht."