Saxofonistin Mette Henriette

Improvisierte Klanglandschaften

Mette Henriette
Die Saxofonistin Mette Henriette © Anton Corbijn
Von Johannes Kaiser · 03.11.2016
Auf ihrem Ende 2015 erschienenen Debütalbum zeigt sich die norwegische Saxofonistin Mette Henriette als Meisterin der Improvisation. Das Doppelalbum ist voller kurzer Miniaturen, eine Platte mit einem Kammer-Jazz-Trio, eine mit einem 13-köpfigen Ensemble eingespielt.
"Ich bin mit Musik aus dem Radio und aus dem Fernsehen groß geworden. Zudem hatte mein Vater eine Stereoanlage und es gab auch im Kindergarten Musik. Das ergab eine große Vielfalt. Es war ganz bestimmt keine Klassik, ein bisschen Jazz, populäre Musik und Volksmusik, kein Folkrock, traditionelle Musik aus verschiedenen Regionen der Welt und an erster Stelle natürlich norwegische Volksmusik."
So hat die 1990 in Trondheim geborene Saxofonistin Mette Henriette ein offenes Ohr für viele Klänge und das zeigt sich auch in ihrer Musik. Zum Jazz fand sie erst sehr viel später.
Wie so oft in Norwegen führte der Weg über eine lokale Blaskapelle, in der sie zuerst Trompete spielte, bevor sie bei einer Tante ein AltSaxofon entdeckte und sich sofort in dessen Klang verliebte. Als Lehrer fand sie einen Lehrbeauftragten von der Jazzakademie in Trondheim und der führte sie dann auch an den Jazz heran.
"Er war ein wirklicher guter Saxofonist und hatte eine wunderschönen Ton. Er hat mir Jazzstandards beigebracht und gezeigt, wie man über Akkordfolgen improvisiert. Er hat mir immer ganz ehrlich gesagt, was ich richtig und was ich falsch mache. Ich erinnere mich noch gut an das erste Mal, das war Jahre später, dass er mir ein von Herzen kommendes Kompliment machte und das war für mich ein ganz besonderer Augenblick."
Die harte Schule hat ihr gut getan. Sie ist technisch enorm versiert und hat einen runden schönen Saxofonton, falls sie nicht gerade andere Spielmöglichkeiten auf ihrem Instrument erkundet wie Überblasen, Tastengeklapper, gesungene Obertöne.

Inspiration in der Kunst

Mit ihrem Lehrer hatte Mette Henriette so manche Auseinandersetzung, denn schon damals hatte die junge Saxofonistin ihren eigenen Kopf und eigene Vorstellungen über das richtige Spielen.
"Ich wollte gegenüber dem ehrlich bleiben, was immer ich hörte und ich mir vorstellte. Ich habe dabei auch außerhalb der Musik nach Inspiration gesucht, in anderen Genres wie der Kunst. Das brachte mich dazu, in meinen Soli ganz andere Dinge zu machen. Deswegen fingen die Leute an, mich als freie Improvisatorin zu sehen."
Doch das war nur die halbe Wahrheit. Zwar spielte Mette Henriette ein paar Jahre lang in der Trondheimer Jazzszene vor allem frei improvisierte Konzerte, aber das genügte ihr bald nicht mehr.
"Abends kehrte ich dann in meine Wohnung zurück und hatte eine Vorstellung davon, wie Klanglandschaften aussehen sollten, die ich in den Sets mit den anderen Leuten nie einbringen konnte. Weil ich aber nie Komposition studiert habe, musste ich einen Weg finden, meine musikalischen Ideen zu präsentieren. Ich machte Collagen und Bilder, brachte Texte mit ein, stellte einige Partituren zusammen. Ich habe drei oder mehr Jahre damit verbracht, diese Musikpartituren zu beenden und die richtigen Musiker zu finden. Ich war mir der Tatsache sehr bewusst, dass es nicht nur das gesuchte Instrument, sondern auch die richtige Person sein musste."

Den anderen Musikern Raum geben

Das Debütalbum der Saxofonistin zeigt, dass sie ihr Ziel erreicht hat. Allerdings - und das ist typisch für sie - auf sehr ungewöhnliche Art und Weise. Die eine Platte ist ihrer Triomusik gewidmet und zwar in der seltenen Instrumentierung mit Klavier, Violoncello und ihrem Altsaxofon. In 15 sehr kurzen Stücken führt sie unter anderem vor, welche sehr unterschiedlichen Klänge man einem Saxofon entlocken kann.
Das zweite Teil des Albums ist mit einem zwölfköpfigen Ensemble eingespielt worden. Mette Henriette hat auch hier lange nach den richtigen Musikern gesucht und viel mit ihnen ausprobiert. Es ist das Ensemble, mit dem sie nun auch auf dem Jazzfest in Berlin gastiert.
"Ich spiele selbst. Wenn ich also Musik mache oder komponiere, dann bin ich mir der Mitwirkenden sehr bewusst und kümmere mich um sie und gebe ihnen Raum, sich zu entfalten, so dass sie inspiriert sind und zuhören und aufeinander reagieren. Es ist für mich wichtig, eine Atmosphäre und einen Raum zu schaffen, bei dem die Struktur klar ist und inspirierend, wo ich aber von Musikern umgeben bin, die mich wiederum inspirieren. Musiker, denen ich diesen Raum gewähren kann und von denen ich weiß, dass sie mich in eine Richtung bringen, die ich liebe."

Mette Henriette spielt am 3.11. auf dem Jazzfest Berlin. Wir übertragen das Konzert live ab 20.03 Uhr.

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