Salzburger Festspiele

Mit Seele, aber nicht rührselig

Khatia Buniatishvili, georgische Konzert-Pianistin mit internationaler Karriere, aufgenommen am 27.07.2011 in Mainz beim "ZDF-MIttagsmagazin".
Khatia Buniatishvili, georgische Konzert-Pianistin mit internationaler Karriere, aufgenommen am 27.07.2011 in Mainz beim "ZDF-MIttagsmagazin". © picture-alliance / dpa / Erwin Elsner
09.08.2016
Wenn die georgische Pianistin Khatia Buniatishvili am Klavier sitzt, ist man sofort gefangen. Sie spielt auf höchstem Niveau, sehr persönlich und niemals kitschig. Bei den diesjährigen Salzburger Festspielen präsentierte sie sich in der Felsenreitschule mit Sergej Rachmaninows Zweitem Klavierkonzert, flankiert von selten zu hörenden russischen Werken. Geleitet wurde das ORF Radio-Symphonieorchester an diesem Abend von einem der interessantesten Nachwuchstalente am Dirigentenpult, Lorenzo Viotti.
Ausgerechnet in den Jahren 1936-1938, während der stalinistische "Große Terror" in der Sowjetunion tobte, schrieb Dmitrij Kabalewskij (1904-87) eine scheinbar harmlose, für die Kundigen jedoch durchaus obrigkeitskritische Oper nach einem Roman von Romain Rolland. Der Protagonist Colas Breugnon ist ein Bildhauer, der in fortgeschrittenem Alter sein Leben an sich vorüberziehen lässt. Für die bösartigen Intrigen, die seine Liebe und seine berufliche Karriere zerstört haben, rächt sich der Künstler mit einer respektlosen Statue, die seinen Herrscher rücklings auf einem Esel sitzend darstellt. Das lachende Volk triumphiert. Die Ouvertüre des großbesetzten Werkes gibt einen Einblick in die hierzulande unbekannte Oper.
Das Zweite Klavierkonzert Nr. 2 c-Moll op. 18 von Sergej Rachmaninow gehört zu den Paradestücken von Khatia Buniatishvili. Ihr erstes Konzert gab die 1987 in Tiflis geborene Pianistin mit sechs Jahren, internationale Auftritte folgten, als sie zehn Jahre alt war. Beim Klavierwettbewerb in Tiflis 2003 machte sie die Bekanntschaft mit Oleg Maisenberg, der sie zum Wechsel nach Wien bewegte. Beim Arthur-Rubinstein-Wettbewerb 2008 gewann sie den 3. Preis und den Publikumspreis.
Ihr USA-Debüt gab sie 2008 in der Carnegie Hall, wo sie mit Chopins Zweitem Klavierkonzert auftrat. Es folgten Konzerte mit dem Israel Philharmonic Orchestra, den Petersburger Philharmonikern, der Sinfonia Varsovia unter Maxim Vengerov, dem NDR Sinfonieorchester Hamburg, dem Sinfonieorchester Luzern, dem Verbier Festival Orchestra unter Neeme Järvi, dem Orchestre de Paris unter Paavo Järvi, dem Orchestre National du Capitole de Toulouse unter Tugan Sokhiev, dem BBC Symphony Orchestra unter Kirill Karabits und Jiři Bělohlávek, u. a.
Über die 2. Symphonie von Alexander Skrjabin schrieb 1901 der Uraufführungsdirigent Anatoli Ljadow augenzwinkernd: "Der Teufel weiß, was das ist! Skrjabin kann kühn Richard Strauss die Hand reichen …"
Am Pult des RSO Wien steht der 25-jährige Dirigent Lorenzo Viotti. Er ist Gewinner des "Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award 2015” und gibt mit diesem Abend sein Preisträgerkonzert. Der in Lausanne geborene Schweizer wuchs in einer italienisch-französischen Musikerfamilie auf und studierte Klavier, Gesang und Schlagzeug in Lyon. Er spezialisierte sich als Schlagzeuger und nahm Dirigierklassen unter Professor Georg Mark in Wien, wo er parallel als Schlagzeuger in verschiedenen wichtigen Orchestern spielte, so auch mit den Wiener Philharmonikern. Nach dem MDR-Wettbewerb in Leipzig 2013 setzte er von Ende 2013 bis Anfang 2015 sein Dirigierstudium bei Nicolás Pasquet an der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar fort. Sein Erfolg beim Cadaqués-Wettbewerb führte zu Engagements mit bedeutenden internationalen Orchestern: BBC Philharmonic Orchestra in Manchester, Royal Liverpool Philharmonic und Orchestre National de France in Paris. Er dirigierte darüber hinaus das Tokyo und Osaka Symphony Orchestra, die Bamberger Symphoniker, die Bremer Philharmoniker, das Gewandhaus Leipzig, das Münchner Rundfunkorchester, das Orchestre de Chambre de Lausanne und das Rotterdam Philharmonic Orchestra. Im Oktober 2016 wird er sein Debüt im Deutschlandradio Kultur beim DSO in der Philharmonie Berlin geben.
Salzburger Festspiele
Felsenreitschule
Aufzeichnung vom 7. August 2016
Dmitrij Kabalewskij
Ouvertüre zu "Colas Breugnon" op. 24
Sergej Rachmaninow
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 c-Moll op. 18
Alexander Skrjabin
Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 29
Khatia Buniatishvili, Klavier
ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Leitung: Lorenzo Viotti