Ryklin: In Russland droht neuer Faschismus

24.10.2006
Der Philosoph und Schriftsteller Michail Ryklin hat vor dem Erstarken faschistischer Strömungen in Russland gewarnt.
Diese seien nicht identisch mit dem Faschismus in Italien und Deutschland in den 20er und 30er Jahren, betonte Ryklin im Deutschlandradio Kultur. Es gebe aber "mehrere Ähnlichkeiten".

Zur Begründung verwies Ryklin darauf, dass in Russland nahezu wöchentlich ausländische Studenten angegriffen würden. Zudem gebe es viele ultranationalistische Zeitungen, die die Meinung verträten, dass Russland allein den Russen gehöre. Ansichten wie "Schluss mit den Kaukasiern, mit den Afrikanern, Schluss mit den Juden" seien "ziemlich präsent", so Ryklin.

Nach seinen Worten leidet besonders die zeitgenössische Kunst unter Anfeindungen und Bedrohungen. Er erinnerte an die Zerstörung einer Ausstellung mit dem Titel "Achtung Religion" vor drei Jahren in Moskau. Die Täter wurden später freigesprochen, zwei Organisatoren der Ausstellung hingegen verurteilt.

Ryklin machte die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin für die Entwicklung mitverantwortlich. Dieser habe daran mitgewirkt, die Meinungs- und Pressefreiheit in Russland zu zerstören. Zwar habe Putin selbst solche extremen nationalistischen Positionen öffentlich nicht unterstützt, er habe aber politisch "stark dazu beigetragen, dass diese Meinungen mehr und mehr populär geworden" seien.

"Als Resultat haben wir den Anstieg dieser Stimmungen in Russland, dieser extrem nationalistischen Gefühle."

Ryklin plädierte für mehr Dialog zwischen Politikern, Journalisten und Intellektuellen. So wäre es "sehr interessant", wenn Altbundeskanzler Gerhard Schröder "zum Beispiel mit russischen Menschenrechtlern" sprechen würde und dabei erkläre, "welche Beweise er dafür hat, dass Herr Putin so ein 'lupenreiner Demokrat' ist".