Russische Jets

Mehr als ein Test

Ein russischer Su-34 Kampfjet fliegt bei einer Flugveranstaltung in Zhukovsky.
Russische Kampfjets wie dieser flogen bis in den Luftraum westlich von Portugal. © dpa picture alliance / Vladimir Astapkovich
Von Rolf Clement, Deutschlandfunk · 30.10.2014
Im Luftraum über Europa wurden unangemeldete russische Kampfjets registriert, die die Nato in Alarmbereitschaft versetzten. Russland habe damit nicht nur die Verteidigungsbereitschaft des Bündnisses getestet, kommentiert Rolf Clement. Moskau zeige damit seine Muskeln.
Es ist eine brisante, zugleich auch eigentümliche Lage. Auf der einen Seite versuchen die westlichen Staaten, zum Beispiel durch die EU mit Russland ein Mindestmaß an kooperativen Strukturen zu erhalten. Da soll noch Handel betrieben werden, da verhandeln die Parteien über die Gaslieferungen an die Ukraine, da wird versucht, über die Wirtschaft die heraufziehende Kälte nicht so bitter werden zu lassen.
Auf der anderen Seite wird mit den Säbeln gerasselt. 26 Kampfjets, die in Formationen durch einen Luftraum fern der russischen Grenzen fliegen, sich nicht bei der Flugkontrolle anmelden und auch ihre Identifizierung verhindern, stellen eine Herausforderung dar, der die Nato gerecht werden muss. Es wird militärisch gezündelt. Russische Kampfjets dringen in den Luftraum der baltischen Staaten ein, auch in Finnland und Schweden. Ein russisches U-Boot wurde vor der schwedischen Küste geortet, heute ein russisches Kriegsschiff vor Lettland.
Das ist mehr als ein Austesten der Verteidigungsbereitschaft der Nato, hier werden Szenarien durchgespielt, die bedrohlich sind. Russland demonstriert, was es kann, es zeigt die Muskeln. Übrigens: Dabei geht es nicht nur um die Ukraine-Krise und das, was damit zusammenhängt. Hier werden auch politische und militärische Claims abgesteckt für die Nutzung der Arktis, wenn dort die Gletscher weiter abschmelzen. Dort liegen Bodenschätze, und da will Russland früh seine Interessen demonstrieren. Damit bekommt das, was da geschehen ist und wohl noch geschieht, eine weitere Dimension.
Manöver nicht auf leichte Schulter nehmen
Man darf das Durchspielen militärischer Operationen, die Demonstration militärischer Fähigkeiten also nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn das geht einher mit einem Propagandakrieg: Die Nato übe doch auch, und sie verstärke ihre militärische Präsenz, heißt es aus Moskau. Da gilt aber: Wenn zwei dasselbe tun, ist es noch nicht das Gleiche. Die Nato reagiert mit ihrer Präsenz und Übung auf russische Manöver und Absichten. Russland reklamiert eine Zuständigkeit für russischstämmige Menschen überall in der Welt - für die baltischen Staaten eine Herausforderung. Im vergangenen Jahr schon trainierten russische Streitkräfte Landungsoperationen in Szenarien, die einer Besetzung der baltischen Staaten ähneln. Die Nato verstärkt ihre Präsenz in den baltischen Staaten und in Polen, weil sich diese Länder durch das beschriebene Verhalten Russlands bedroht fühlen.
Jetzt versucht die Nato, das Hochschaukeln zu vermeiden. Aber sie muss Russlands Aktivitäten auch eindämmen. Ein schmaler Grat. Die Nato hat bewiesen, dass die einfliegenden Russen-Jets sofort erkannt und abgedrängt wurden. Die Verteidigungslinie steht also. Aber das Klima vereist zusehends. Die vielen Nadelstiche dieses Jahres machen deutlich, dass es zur Zeit keine Gesprächsbasis gibt, nicht bei der Frage einer militärischen Deeskalation. Russland ist nicht einmal bereit, den geschlossenen Waffenstillstand in der Ostukraine international überwachen zu lassen. Das alles nährt die Zweifel, dass Moskau hehre Motive hat.
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