"Russendisko"

Von Hannelore Heider · 28.03.2012
Von großer Freundschaft, ungelenken Versuchen, ans große Geld zu kommen, von wilden Parties und großer Liebe im Ostberlin der Nachwendezeit erzählt Wladimir Kaminer in seinem Bestseller "Russendisko". Die Verfilmung ist flott, aber ohne Ambition erzählt.
Wladimir Kaminers inzwischen längst zum Kultbestseller avancierte Geschichtensammlung aus der wilden Zeit nach der Wende in Ostberlin kommt 12 Jahre nach ihrem Erscheinen nun als sowohl nostalgisch verklärtes als auch modern aufgepepptes Feel-Good-Komödie ins Kino. In seinem Regiedebüt hat Oliver Ziegenbalg die skurril erzählten Anekdoten aus der Erlebniswelt des russischen Emigranten Wladimir Kaminer eine durchgängige Handlung verpasst, in der drei junge Russen ihren Weg in die ersehnte Konsumgesellschaft finden.

Sie erzählt von ihrer großen Freundschaft, ungelenken Versuchen, ans große Geld zu kommen, selbst organisierten wilden Parties und natürlich von Liebe, vor allem der von Wladimir zur schönen russischen Tänzerin Olga (Peri Baumeister). Da die Hauptfigur Wladimir von Matthias Schweighöfer gespielt wird, ist der Ton der Verfilmung von Anfang an vorgegeben. Nicht Kaminers so reizvoll fremdartiges Erzählen prägen die Atmosphäre, sondern Schweighöfers freundlich naives Stromern durch eine Stadt, die man so längst nicht mehr findet, auch für die Filmsets nicht.

Es sei damals alles ein bisschen "oll" gewesen, wir sind "cooler", gibt Friedrich Mücke zu, der im Film Wladimirs Musikerfreund Mischa spielt. So sieht nicht nur die Stadt eher so aus wie das heutige, trendige Berlin, auch die "falschen" Russen sind typisch neudeutsches Komödienpersonal. Die abenteuerlichen Jungs aus dem verfallenen Russland, die in Deutschland ihr Glück suchen, nimmt man ihnen zu keinen Zeitpunkt ab.

Was der Film, der Kaminers skurrile Episoden lediglich als schmückendes Beiwerk immer mal wieder in die Handlung einstreut, sich damit vergibt, wird an den den Stellen deutlich, in denen Wladimir Kaminers Stimme als russischer Radiodoktor zu hören ist. Da ist sie wieder, die Stimmung von damals, als sich die immer größer werdende russische Einwanderergemeinde ihre eigene Welt schuf mit der Russendisko im Café Burger und den Markthändlern im Lichtenberger Bahnhof, zu denen sich im Film auch Wladimirs Freund Adrej (Christian Friedel) gesellt. Zuschauer, die das in der Realität nie sahen, mögen Spaß haben an einem flott, doch ohne jegliche Ambition erzähltem Film, in dem die Fans des Buches ihren Autor und begnadeten Vorleser Wladimir Kaminer aber mit Sicherheit nicht wiederfinden werden.

Deutschland 2012, Regie: Oliver Ziegenbalg, Darsteller: Matthias Schweighöfer, Christian Friedel, Friedrich Mücke, Perie Baumeister, Susanne Bormann, Stimme von Wladimir Kaminer, 100 Minuten, ab 6 Jahren

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