Runder Tisch zur Weser-Verschmutzung

Die Stimmung versalzen

Dunkle Wolken ziehen über den Kali-Abraumberg im osthessischen Philippsthal des Düngemittelkonzern K+S (aufgenommen 2012).
Dunkle Wolken ziehen über den Kali-Abraumberg des Düngemittelkonzern K+S, verantwortlich für den viel zu hohen Chlorid-Gehalt in Werra und Weser. © picture alliance / dpa / Uwe Zucchi
Von Alexander Budde · 23.02.2015
Seit Jahren steht Kali-Hersteller K+S wegen der Versalzung der Weser in der Kritik. Ein Runder Tisch soll Verbesserungsoptionen prüfen. Doch Hessens Umweltministerin Priska Hinz hat auch die Sicherung von Arbeitsplätzen im Blick. Die EU-Kommission droht schon mit hohem Bußgeld.
An diesem Morgen auf dem Wochenmarkt in Hameln wühlt Norbert Meyer tief in den mit Eis gefüllten Bottichen, er platziert einen Fischleib nach dem anderen in der Auslage. Aale, Zander. Meyer ist Berufsfischer auf der Weser, sein Sohn Alexander führt den Familienbetrieb in fünfter Generation. Der Senior erinnert sich noch gut an die Zeiten der deutschen Teilung, die quer durch den Fluss verlief. Damals leiteten beide deutsche Staaten bedenkenlos ihre Abwässer ein.
"Das kam immer schubweise. Man sah das dem Fluss an und man merkte es auch den Fischen an: dieses Biotop Weser war vollkommen gestresst!"
Ende letzten Jahres präsentierte Hessens Umweltministerin Priska Hinz den sogenannten "Vier-Phasen-Plan" zur Abwasserentsorgung, mit dem das Land im Einvernehmen mit K+S den viel zu hohen Chloridgehalt in Werra und Weser reduzieren will. Ab 2021 soll eine Pipeline das Abwasser auch in die Oberweser leiten. Bis dahin will das Land dem Konzern die Versenkung der Salzlauge weiter zugestehen und die auslaufende Genehmigung dafür verlängern. Ungeniert bekundet die Grünen-Politikerin Hinz, dass die Vereinbarung vor allem die Jobs Tausender Kumpel in Hessen und Thüringen sichern soll.
"Wenn wir zusätzlich noch was hinbringen können, dann wird K+S dieses machen müssen, wenn es ökologisch sinnvoll ist und wenn es ökonomisch zumutbar ist. Aber ich sage auch ausdrücklich: was nicht gehen kann, ist, dass wir was ökologisch Optimales machen, dafür aber die Werke schließen müssen, weil die Arbeitsplätze nicht erhalten werden können."
Plan muss Anforderungen der EU-Wasserrichtlinie genügen
Hinz will nun die Umweltminister der anderen Bundesländer, durch die Werra und Weser fließen, von ihrem Plan überzeugen. Doch die Unterlieger winken ab. Der grüne Amtskollege in Niedersachsen, Stephan Wenzel, bezweifelt, dass der Plan der Hessen den Anforderungen der EU-Wasserrichtlinie genügt.
"Ich hoffe, dass alle Beteiligten noch einmal wirklich hart auch an die Grenzen dessen gehen, was hier technisch möglich ist. Aber aus meiner Sicht ist es auch notwendig, noch einmal die ökonomische Zumutbarkeit zu prüfen. Man kann keinem Unternehmen aus meiner Sicht heute eine Existenzgarantie für ein bestimmtes Produktionsverfahren für Jahrzehnte im Voraus geben."
Fast alle Vorschläge, die schon einmal auf dem Runden Tisch lagen, sollen noch einmal geprüft werden. Darunter ist auch eine Pipeline, die die Salzfracht direkt zur Nordsee leiten könnte. Umweltverbände wie der BUND halten sie für das vergleichbar geringere Übel. Doch Wenzel sorgt sich um das empfindliche Ökosystem im Nationalpark Wattenmeer. Grundsätzlich hält der Minister fest:
"Eine solche Fernleitung würde immer dazu verleiten, an der Quelle nicht mit dem notwendigen Ernst anzupacken."
Für Norbert Meyer bedeutet die Weser Zukunft und Auskommen. Alle Beteiligten am Konflikt müssten nun zur Einsicht und zu einer baldigen Lösung kommen, fordert der Fischer – nicht nur deshalb, weil in Brüssel bereits ein Vertragsverletzungsverfahren läuft und die EU-Kommission mit einem hohen Bußgeld droht.
"Ich glaube schon, dass das auf lange Sicht schon existenzbedrohend ist. Die Fischerei wird nicht leichter. Aber es wäre natürlich schon wünschenswert, dass endlich dieses System Weser mal zur Ruhe kommt."
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