Rücktritt Gauweilers

Nur die Hälfte der Wahrheit

Peter Gauweiler am 27. Februar 2015 im Bundestag bei der Entscheidung über ein weiteres Hilfspaket für Griechenland
Peter Gauweiler am 27. Februar 2015 im Bundestag bei der Entscheidung über ein weiteres Hilfspaket für Griechenland © imago stock&people
Von Katharina Hamberger, Hauptstadtstudio · 31.03.2015
Der stellvertretende CSU-Chef Peter Gauweiler berief sich auf sein Gewissen, als er seinen Rücktritt bekannt gab. Bemerkenswert ist das, kommentiert Katharina Hamberger - es dürfe aber dennoch nicht überbewertet werden. Es stecke wohl mehr dahinter.
Peter Gauweiler zieht einen klaren Schlussstrich. Nach dreieinhalb Legislaturperioden legt er sein Bundestagsmandat und sein Amt als stellvertretender Parteivorsitzender nieder. Seine Begründung: Von ihm sei öffentlich verlangt worden, dass er mit der Mehrheit der Unionsfraktion im Sinne des Parteivorsitzenden abstimme. Das sei nach seinem Verständnis nicht mit der Aufgabe eines Abgeordneten vereinbar. Er beruft sich also auf sein Gewissen. Die einzige Instanz, der Abgeordnete unterliegen sollten. Das ist durchaus bemerkenswert, darf aber in diesem Fall nicht überbewertet werden. Denn es steckt wohl mehr dahinter.
Nun hat er zwar Recht damit, dass abweichende Meinungen erlaubt sein müssen. Alles andere wäre auch höchst bedenkenswert für eine Demokratie. Gauweiler stimmte im Februar im Bundestag gegen die Griechenland-Hilfen – nicht überraschend. Dass Seehofer danach ihn und andere Abweichler mit den Worten "Ihr oder Ich" abkanzelte – das war vor allem gegenüber Peter Gauweiler nicht fair. Denn er zählte zu den Geistern, die Seehofer selbst rief. Mit ihm wollte die CSU im Europa-Wahlkampf auch die Euro-kritischen Wähler erreichen. "Wer Peter Gauweiler zum stellvertretenden CSU-Vorsitzenden wählte, wusste genau, welche Positionen in Sachen Euro und Rettungspolitik damit gewählt wurden", schreibt Gauweiler selbst in seiner Rücktrittserklärung.
Kein Vollblut-Parlamentarier
Recht hat er. Und es war klar, dass der Euro-Rebell auch nicht nach dem Wahldebakel bei der Europawahl zum Lämmchen wird. Aber, dass er nun zurücktritt aus dem Grund, dass er den Wähler, das Volk nicht mehr vertreten könnte, klingt zwar ehrenhaft und ist sicher auch nicht gelogen, aber wohl nur die Hälfte der Wahrheit. Denn als Vollblut-Parlamentarier kann man Gauweiler wohl nicht bezeichnen. Wer das Volk vertreten will, der sollte auch kein Fern-Parlamentariertum betreiben.
Gauweiler zählte zu den Spitzenreitern bei der Abwesenheit im Bundestag. Hinzu kommt: Es passt irgendwie nicht ins Bild, dass Gauweiler sich von Seehofer sein Abstimmverhalten diktieren lässt. Wenn ihm seine Haltung so viel Wert ist, warum bleibt er gerade dann nicht und vertritt sie weiter? Wahrscheinlich denkt er eher an den Parteifrieden, an Seehofer und an sich selbst. Denn dass Gauweiler beim kommenden Parteitag im Herbst wieder zum stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt worden wäre, wäre nahezu unwahrscheinlich gewesen.
Hätte er, wie es wahrscheinlich so manch anderer tun wird, an seinem Amt festgehalten, hätte er zum zweiten Mal nach 2011 eine Niederlage einstecken müssen. Und auch Seehofer profitiert. Denn bei der Griechenland-Abstimmung, die zum "Ihr oder Ich" geführt hat, gab es einige Abweichler von der Parteimehrheit. Sie haben mit Gauweiler eine Art Führungsfigur verloren. Ohne ihn kostet es schon mehr Mut, sich noch einmal querzustellen. Zudem kann Seehofer nun eine Stelle im Parteivorstand schon mal ohne Aufruhr neu besetzen. Eine reine Gewissensentscheidung kann es bei Gauweiler also nicht gewesen sein.
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