Rotterdamer Baudenkmal übermalt

Ganz in Weiß

Der Eingang des Konsulats Angola in Rotterdam: Die historische Sandsteinfassade wird weiß überstrichen. Die Stadtverwaltung ist dagegen.
Der Eingang des Konsulats Angola in Rotterdam: Die historische Sandsteinfassade wird weiß überstrichen. Die Stadtverwaltung ist dagegen. © AFP Photo / ANP / Jerry Lampen
Von Ludger Kazmierczak · 03.03.2015
Das ehemalige Stadtarchiv von Rotterdam ist eines der wenigen erhaltenen historischen Gebäude. Heute beherbergt es das Konsulat von Angola. Das wollte der historischen Fassade des Hauses einen frischen Anstrich verpassen - und nahm ihm so seinen Charakter.
Nur wenige Prachtbauten in Rotterdam haben den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden. Eines davon ist das ehemalige Stadtarchiv. Über dem von zwei Säulen flankierten Haupteingang prangt immer noch das Wappen der Stadt – obwohl das Archiv längst umgezogen ist. Die unter Denkmalschutz stehende Villa gehört heute dem Staat Angola. Die Afrikaner haben hier ein Konsulat eingerichtet.
Jetzt, da der Frühling vor der Tür steht, dachten sich die Diplomaten, dass die historische Fassade einen frischen Anstrich gebrauchen könnte. Und dann, so ein Nachbar, ging alles ganz schnell:
"Heute morgen sah ich, wie sie auf der linken Seite angefangen haben - und jetzt sind sie fast fertig. Das ist eine Todsünde."
Adieu Sandsteinelemente
Sünde ist für die Rotterdamer nicht der Anstrich an sich, sondern die Farbe. Denn der neue Eigentümer hat die ursprünglich gelb-braunen Sandsteinelemente der reich verzierten Gebäudefront einfach Weiß streichen lassen. Offenbar ohne entsprechende Genehmigung der Stadtverwaltung. Die Anwohner der schicken Mathenesser-Straße sind fassungslos:
"Wenn wir was kaufen, fangen wir doch auch nicht direkt an, alles zu verändern. Da müssen wir auch auf Anträge und Genehmigungen warten. Und das ist hier nicht passiert. Hier hat jemand einseitig entschieden."
"Wir haben nun mal nicht so viele Baudenkmäler in Rotterdam. Da sollte man entsprechend vorsichtig sein."
Das Konsulat von Angola in Rotterdam: Die historische Sandsteinfassade wird weiß überstrichen. Die Stadtverwaltung ist dagegen.
"Eine Todsünde", schimpft ein Rotterdamer.© AFP Photo / ANP / Jerry Lampen
Bauunternehmer weist Vorwürfe zurück
Vorwürfe muss sich auch Bauunternehmer John Appel anhören, der den Zuschlag für die Fassadenarbeiten bekommen hat. Von einer Genehmigungspflicht, so der Firmenchef, wisse er nichts – schließlich stehe das Konsulat auf afrikanischem Boden, glaubt er:
"Die Leute haben dieses Gebäude gekauft. Und damit steht es auf einem Grundstück, dass nicht zu den Niederlanden gehört. Wenn mich die Eigentümer beauftragen, die Fassade zu streichen, ja wer bin ich, dass ich dagegen was zu sagen hätte?"
Hier irrt der Unternehmer, argumentiert die Stadt. Im Konsulat gelte zwar angolesisches Recht, das Gebäude stehe aber auf niederländischem Territorium. Baumaßnahmen seien daher genehmigungspflichtig, so die Verwaltung. Deshalb mussten die Arbeiter mit sofortiger Wirkung die Pinsel fallen lassen. Für eine Schadensbegrenzung sei es jedoch zu spät, meint Rutger Polderman, Rotterdams Experte für Stadtsanierung:
"Das ist sehr weiches Material: Naturstein. Und weil das so porös ist, kriegt man die Farbe wahrscheinlich nicht mehr ab – ohne das Material zu beschädigen."
Weiß wird also Weiß bleiben müssen. Und um den Diplomaten zu zeigen, dass dies die falsche Farbe ist, haben Unbekannte über Nacht die Landesflagge Angolas über dem Haupteingang des Gebäudes übermalt – Weiß natürlich!
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