Rot-Rot-Grün in Thüringen

Ein Signal für den Bund!

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) bekommt am 05.12.2014 im Landtag in Erfurt (Thüringen) einen rot-rot-grünen Blumenstrauß.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow nach der Wahl © Michael Reichel, dpa
Von Frank Capellan, Hauptstadtstudio · 06.12.2014
Nein, Thüringen wird nach der Wahl von Bodo Ramelow zum ersten linken Ministerpräsidenten des Landes nicht kommunistisch regiert. Sein Programm sei sozialdemokratisch geprägt, kommentiert Frank Capellan. Ramelow habe sich schon immer wohltuend von linken Spinnern und reaktionären Alt-Genossen in seiner Partei abgesetzt.
Bodo der Erste. Bodo Ramelow - der erste linke Ministerpräsident Deutschlands. Zwei Wahlgänge hat er gebraucht, aber er ist am Ziel. Klaus Wowereit – einer der schon sehr früh ganz hemmungslos mit den Dunkelroten regiert hat, dürfte nun sagen: Das ist auch gut so!
Diese Wahl ist kein Tag der Schande für das wiedervereinigte Deutschland, wie es CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer formuliert. Diese Wahl bietet vielmehr die Chance, 25 Jahre nach dem Fall der Mauer endlich für ein Stück Normalität zu sorgen im Umgang mit den SED-Nachfolgern. Bodo Ramelow ist kein Topagent der SED-Connection der Linkspartei, wie Scheuer in abgenudelten Rote-Socken Tönen schwadroniert.
Linker Realpolitiker und Brückenbauer
Sein Bekenntnis zum Sozialismus ist nicht noch gefährlicher, w e i l er aus dem Westen kommt, wie es Thüringens Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel analysiert. Und mitnichten wird jetzt Karl Marx in die Erfurter Staatskanzlei getragen, wie es die ansonsten so nüchterne CDU-Chefin Angela Merkel an die Wand malt. Das rote Schreckgespenst schreckt nicht mehr.
Mag sein, dass er für viele ein Wolf im Schafspelz ist, doch der gebürtige Niedersachse muss nun die Chance erhalten, sich an seinen Taten und Worten messen zu lassen. Als linker Realpolitiker hat sich Ramelow schon immer wohltuend von linken Spinnern und reaktionären Alt-Genossen in der Linkspartei abgesetzt, in seiner Antrittsrede präsentiert er sich als Brückenbauer, der sich Johannes Raus "Versöhnen statt spalten“ zu eigen macht.
Ihm ist bewusst, dass er für viele SED-Opfer eine Zumutung ist, unübersehbar geht er auf sie zu: Andreas Möller, ein - wie er sagt- väterlicher Freund, ein Mann, der im Stasi-Knast gesessen hat, ihn und seine vielen Leidensgenossen bittet er um Entschuldigung. Seiner Vorgängerin Christine Lieberknecht dankt er dafür, dass sie jüdische Theologie zu einem Universitätsfach gemacht hat – ein kleiner Fingerzeig zumindest auf die israelfeindlichen Töne in den eigenen Reihen.
Außenpolitisch geht mit dieser Linken gar nichts
Sein Koalitionsvertrag ist sozialdemokratisch geprägt, niemand muss fürchten, dass Thüringen nun kommunistisch wird. Und natürlich: Dieses Bündnis hat Signalwirkung für den Bund, mögen die Sozialdemokraten das des lieben großen Koalitionsfriedens willen auch noch so sehr bestreiten. Rot-rot-grün ist ein Projekt wie es einst Rot-Grün gewesen ist.
Wenn es gut läuft in Thüringen, könnte Ramelow zum Vorkämpfer werden wie es ein Joschka Fischer Ende der 80er in Hessen war. Mit der Angst vorm roten Mann wird die Union die Wähler nicht mehr beeindrucken. Die SPD wiederum wird wohl auf lange Sicht nur mit einer linken Mehrheit die Chance erhalten, sich aus Merkels Gefangenschaft zu befreien.
Fragt sich nur, wie die Parteispitzen zusammenführen wollen, was noch partout nicht zusammenpasst. Außenpolitisch geht mit dieser Linken gar nichts. SPD-Chef Gabriel wiederum ist gerade dabei, sie seinerseits mit einem Mitte-Kurs und dem Abschied von der Umverteilungspolitik weiter auf Distanz zu bringen. Ein Stück Normalität und Gelassenheit im Umgang miteinander könnte Erfurt somit mit sich bringen, aber 2017 dürfte es trotz allem noch nicht reichen – für Sigmar den Ersten, den ersten SPD-Kanzler seit Gerhard Schröder.
Mehr zum Thema