Roman "Der Arm des Kraken"

Lust auf ein Blutbad

Der Schriftsteller Christoph Peters liest aus einem seiner Bücher vor.
Christoph Peters: "Ich weiß noch nicht, was auf mich zukommt" © picture alliance / Erwin Elsner
Christoph Peters im Gespräch mit Joachim Scholl · 17.08.2015
In Christoph Peters neuem Roman "Der Arm des Kraken" mordet sich ein japanischer Killer durch den Prenzlauer Berg. Peters, der dort seit längerem lebt, konterkariert das saubere und gesittete Leben im bürgerlichen Quartier bewusst: "Da musste mal was passieren."
Seit seinem Erstlings-Roman "Stadt Land Fluß" von 1999 gehört er zu den etablierten Kräften der deutschen Gegenwartsliteratur: Christoph Peters, Jahrgang 1966, vielfach preisgekrönt für Bücher, die thematisch oft in die Ferne schweifen, in die Türkei oder nach Ägypten.
In seinem neuen Buch holt Peters das Fremde nun nach Hause – und das ziemlich brachial: Ein japanischer Yakuza-Killer zieht eine Spur der Verwüstung durch Berlin.
In "Der Arm des Kraken" lernen wir Annegret Bartsch kennen. Sie ist Kommissarin im Vietnamdezernat der Berliner Polizei, ihr Privatleben ist ungeordnet und frustrierend. Sie soll den Mord an einem Japaner aufklären, der möglicherweise zu einer Yakuza-Organisation gehörte – und wahrscheinlich Ärger mit vietnamesischen Mafia-Clans hatte.
Zugleich kommt der Japaner Fumio Onishi nach Berlin. Auch er soll herausfinden, wer den Mord begangen hat – und Vergeltung üben. Denn Onishi ist ein Yakuza-Killer, und er wird im Verlauf der Geschichte sein Handwerk ohne Rücksicht auf Verluste ausüben.
Läden, in denen keiner kauft, Restaurants, in denen niemand isst
Ausgangspunkt der Arbeit an dem Buch waren Beobachtungen von Peters im Prenzlauer Berg, berichtet er im Deutschlandradio Kultur: "Wahnsinnig viele vietnamesische Läden", in denen nie jemand etwas kauft, "wahnsinnig viele vietnamesische Restaurants", in denen nie jemand isst, Blumengeschäfte, Fingernagelstudios, und im Verborgenen nach wie vor die Zigarettenverkäufer mit illegaler Ware. Und das alles in einer inzwischen sehr teuren Gegend.
Das erwachte Interesse an diesem ökonomischen Untergrund wurde bei Peters dann noch von einer emotionalen Regung ergänzt:
"Und dann hatte ich gleichzeitig (...) Lust, ein Blutbad am Prenzlauer Berg anzurichten, einfach weil da alles so schön sauber und gesittet zugeht und ich gedacht habe: Da muss mal was passieren."
Peters hat sich gleich in zwei kriminelle Strukturen hineingedacht. Nun hofft er in selbstironischer Manier, dass ihm nichts passiert:
"Ich weiß noch nicht, was da auf mich zukommt. Ich hoffe natürlich immer noch, dass meine Erfindungskraft als Erfindungskraft wahrgenommen wird und dass ich nicht irgendwas unwillentlich enthüllt habe, was im Endeffekt Leib, Leben und Gesundheit von mir und meiner Familie gefährdet. Schauen wir mal ..."

Christoph Peters: Der Arm des Kraken
Luchterhand, München 2015
352 Seiten, 19,99 Euro

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