Rolle von Autoren

"Mich stört der für Deutschland sehr typische Hang, das Wort zu verbieten"

Eva Menasse im Gespräch mit Joachim Scholl  · 06.02.2015
Die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse streitet in ihrem neuen Essayband "Lieber aufgeregt als abgeklärt" für die öffentliche Rolle des Schriftstellers. Sie will sich den Mund nicht verbieten lassen.
"Gerade für Frauen im öffentlichen Raum ist es ja sehr lange angemessen gewesen, wohltemperiert sich nur zu äußern", sagte die Schriftstellerin Eva Menasse im Deutschlandradio Kultur. "So eine Streitkultur, die den Männern zugebilligt wurde, die hat man Frauen eben eher nicht zugebilligt." Durch ihren Charakter und ihre Familiengeschichte entspreche ihr das ohnehin nicht und sie habe deshalb beschlossen, sich zuzugestehen, manchmal aufgeregt zu sein.
Der unabhängige Künstler
"Der Künstler ist der einzige, der nicht abhängig ist, und eigentlich auf niemand Rücksicht zu nehmen braucht", sagte die Schriftstellerin. Jedes Mal, wenn man versuche eine politische Aktion zu starten, hätten andere Berufsgruppen Angst, es könnte ihrem Arbeitgeber nicht gefallen. "Das halte ich im großen und ganzen sowieso für eine absolut undemokratische und feige Haltung", sagte die Autorin. Aber, wenn alle Angst vor Konsequenzen haben müssten, bleibe am Ende nur der Künstler übrig. Aber auch der habe manchmal Angst: „Wenn ich mich zu weit aus dem Fenster hänge oder was zu polemisches sage, wird niemand mehr meine Bücher kaufen oder meine Filme gucken", sagte Menasse.
Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich
"Mich stört der für Deutschland sehr typische Hang, das Wort zu verbieten", kritisierte die Schriftstellerin. In ihrem Heimatland Österreich sei das anders. Dort sei es immer normal gewesen, wenn sich Schriftsteller vom Rang einer Elfriede Jelinek oder Thomas Bernhard zur Politik geäußert hätten. In Deutschland habe sie im Wahlkampf 2005 selbst die Erfahrung gemacht, dass sie von den Medien sehr heftig dafür kritisiert wurde, dass sie zusammen mit einer Schriftstellergruppe die Politik der rot-grünen Bundesregierung verteidigt habe. "Hat denn Frau Menasse ein Rentenkonzept in der Schublade oder was wollen denn diese Schriftsteller, die kennen sich eh nicht aus" hätten damals die Totschlagargumente gegen sie gelautet. "Ich habe damals polemisch zurückgefragt, kennt sich der Starfriseur besser aus, der bei jeder Wahl um seine Empfehlung gebeten wird?"
Dennoch könne sie akzeptieren, dass es Autoren gebe, die innerlich anders verfasst seien und sich nicht einmischen wollten. "Nur das Wort möchte ich mir einfach nicht verbieten lassen."

Eva Menasse, Lieber aufgeregt als abgeklärt, Kiepenheuer &Witsch, 18,99 Euro.

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