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Krisenmanagement am Flughafen
Streik ohne Chaos

Der Streik der Pilotengewerkschaft Cockpit trifft vor allem die großen Lufthansa-Flughäfen Frankfurt am Main und München. Tausende Passagiere mussten ihre Reisepläne ändern. Doch das große Chaos ist bislang ausgeblieben. Auch bei den Fluggesellschaften gibt es inzwischen so etwas wie eine Streik-Routine.

Von Ludger Fittkau | 23.11.2016
    Flugreisende stehen im Terminal 1 des Flughafens von Frankfurt am Main vor Lufthansa Check-in-Terminals. Der Streik hat die Airline zur Absage von rund 876 Flügen gezwungen.
    Lufthansa-Pilotenstreik in Frankfurt. Von Chaos keine Spur. (pa/dpa/A.Dedert)
    Der Ire Martin McCormack ist erleichtert. Gestern sah es nämlich für den untersetzten Mann Mitte 50 noch so aus, als würde er auf seinem Weg nach Kopenhagen in Frankfurt am Main stranden. Doch dann klappte es mit der Umbuchung seines Lufthansa-Fluges auf eine befreundete Fluggesellschaft. Jetzt steht Martin McCormack mit seinem neuen Ticket vor der großen Anzeigetafel im Terminal 1 und sucht nach seiner neuen Verbindung in den Norden mit Scandinavian Airlines, kurz SAS:
    "I have to Change it to SAS. SAS nine twenty five." – "To Kopenhagen?" – "I am very lucky, because it was a late advise yesterday, that the flight was canceled. And lucky enough my office in Dublin was able to change it. So now I am happy."
    Seinem Büro in Dublin sei er wirklich sehr dankbar, dass es mit der Umbuchung noch geklappt habe, beteuert Martin McCormick noch einmal, bevor er im Sicherheitsbereich des Flughafens verschwindet.
    Auch bei anderen Lufthansa-Kunden hat es mit der Umbuchung auf europäische Lufthansa-Töchter problemlos funktioniert, berichten heute mehrere Passagiere - etwa ein Paar Mitte vierzig, das mit Rucksäcken von München nach Panama unterwegs ist: "Also, wir haben nicht heute umbuchen müssen, sondern gestern. Weil wir wollten ursprünglich heute von München nach Frankfurt und dann sind wir halt gestern schon geflogen."
    "Unser Flug ist gar nicht ausgefallen, sondern wurde scheinbar von Lufthansa auf Swissair umgebucht und dadurch hatten wir scheinbar Glück im Unglück", sagt ein schlanker Mann Mitte dreißig, der sich zuvor mit seiner Begleiterin im Internet über Alternativen zum bestreikten Flug informiert hatte. "Ich hatte bei social media nachgefragt über Facebook und da kam prompt die Antwort, dass der Flug geht."
    Auch die Mitarbeiter der Bistros und Cafés helfen weiter
    Die prompte Internet-Antwort kommt aus einer Gruppe zusätzlicher Kräfte, die Lufthansa für Streiktage wie heute engagiert, um die Passagiere über SMS oder über alle verfügbaren Digitalkanäle zu informieren. Nach nunmehr 14 Streikrunden allein im Konflikt mit den Piloten klappt dieses Info-System der Fluglinie bereits ziemlich routiniert. Lufthansa-Sprecher Martin Leutke spricht in der Abflughalle des Terminals 1 von einer gewissen Routine, die sich dabei bereits seit Längerem eingestellt habe:
    "Unser erstes Ziel ist mal, dass möglichst wenig Kunden hier in Frankfurt stranden am Flughafen, hier in Frankfurt oder München. Deshalb schreiben wir die Passagiere alle vorher an per SMS, damit sie wissen, was mit ihrem Flug ist und möglichst im Vorfeld Klarheit bekommen darüber, ob der Flug stattfindet oder nicht. Wenn die Passagiere hier sind und hier Fragen haben, gibt es natürlich Informationspersonal, das ihnen die Fragen dann hoffentlich schnell beantworten kann."
    Die Lufthansa-Mitarbeiter sind rund um die Flugticketautomaten platziert, die mitten der Abflughalle stehen. Auf einem großen Rollwagen werden überdies kostenlos Getränke angeboten, die Nachfrage ist bis heute Mittag eher gering. Man bekommt tatsächlich nicht den Eindruck, dass hier viele Passagiere hilflos festsitzen. Auch die Mitarbeiter der Bistros und Café im Flughafenbereich helfen wenn nötig in mehreren Sprachen weiter. Etwa Giovanni Poli vom Café Tangente im Terminal 1, das auch der Treffpunkt der Kamerateams und Streikfotografen ist:
    "Hauptsächlich Englisch. Viele verstehen Englisch. Oder unsere Muttersprachen, wir sind alle ein bisschen international, man versteht inzwischen auch viele Sprachen, was man am Flughafen so braucht."
    Informationen über SMS und E-Mail
    Was man an solchen Tagen am Flughafen viel braucht, sind Taxis. Draußen vor dem Terminal stehen sie zu genüge bereit, um Passagiere zu Hotels im Umland zu fahren, in die sie kurzfristig für eine Nacht untergebracht werden müssen. Bis zu 1.000 Taxis sind hier an einem solchen Streiktag im Einsatz. Lufthansa-Sprecher Martin Leutke weiß noch nicht, wie viele Fahrten sein Unternehmen heute bezahlen muss:
    "Betroffen sind etwa 100.000 Passagiere, allein durch den Streiktag heute. Ich kann ihnen ehrlich gesagt nicht sagen, wie viele Passagiere wir im Hotel unterbringen mussten. Wir versuchen, möglichst viele Fluggäste im Vorfeld zu informieren, dass sie gar nicht erst in die Situation kommen, hier am Flughafen übernachten zu müssen."
    Die Routine, die man am Frankfurter Flughafen inzwischen bei Arbeitskämpfen entwickelt hat, wird auch für den morgigen Streiktag helfen - da ist sich Martin Leutke sicher:
    "Wir werden uns genauso intensiv auf den Streiktag morgen vorbereiten wie wir das auch getan haben für den heutigen Tag. Das bedeutet für erst mal, dass möglichst viele Passagiere ihr Ziel erreichen sollen. Entweder mit Maschinen, die wir fliegen können oder eben indem wir sie umbuchen auf andere Gesellschaften oder auf die Bahn. Natürlich, indem wir wieder informieren werden darüber, was passiert mit den Flügen, SMS verschicken, E-Mails verschicken, sodass möglichst viele Passagiere wissen, was morgen passiert."