Rock-Heroen und Remake-Helden

Vorgestellt von Anke Leweke · 02.04.2008
"Shine a Light", der Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale, dokumentiert ein Konzert der Rolling Stones aus unzähligen Kameraperspektiven. In "Abgedreht" muss der Besitzer einer Videothek feststellen, dass sein Freund alle Videobänder versehentlich gelöscht hat. Zur Rettung des Ladens beschließen sie, selbstgedrehte Fassungen der zerstörten Filme zu kreieren. Die Machwerke werden ein Riesenerfolg!
"Shine a Light"
USA 2007. Regie: Martin Scorsese, Albert Maysles. Mit den Rolling Stones und Gastauftritten von Jack White, Christina Aguilera und Buddy Guy. Farbe, 120 Minuten

Man hat das Gefühl, bei ihnen zu Hause zu sein. Die Bühne scheint ihr natürlicher Lebensraum. Hier sind sie ganz in ihrem Element. Scorseses wunderbarer Konzertfilm will keine Deutung oder Umdeutung der Stones. Er will sie einfach zeigen und feiern: Vier Musiker, für die der Rock tatsächlich zum Lebensgefühl geworden ist. Wenn Mick Jagger als Jumping-Jack-Flash auf die Bühne hüpft, dann hat das nichts Aufgesetztes, dann scheint der über Sechzigjährige ganz bei sich. Auch wenn Keith Richards mit der Zunge den Gitarrenhals liebkost, bekommen wir es nicht mit einer Attitüde oder einem Zitat aus wilden Zeiten zu tun, sondern mit gelebtem Rock.

Ganz bewusst wählte Scorsese den Stones-Song "Shine a light" als Titel, mit über dreißig Kameras hat der perfektionistische Regisseur seinen Film gedreht. Kein Schweißtropfen, keine Geste, keine Bewegung entgeht ihm. Am Anfang sehen wir ihn bei den Vorbereitungen. Er ist nervös, noch immer haben die Stones nicht ihre Playlist abgegeben. Der Kontrollfreak Scorsese wird nervös. Auch auf der Bühne sind die Stones ihre eigenen Regisseure und lassen sich vom Meister keine Anweisungen geben.

Immer wieder blendet Scorsese zwischen den einzelnen Songs Interviewausschnitte und Archivmaterial ein. Einmal wird der blutjunge Mick Jagger gefragt, ob er sich noch vorstellen könnte, mit sechzig Jahren immer noch aufzutreten. "Of course" lautet seine Antwort. "Of course" lautet auch unsere, nachdem wir ihn 120 Minuten aus nächster Nähe erleben durften.

"Abgedreht"
USA 2007. Regie und Buch: Michel Gondry. Mit: Jack Black, Mos Def, Danny Glover, Mia Farrow, Melonie Diaz, Sigourney Weaver u.a. Farbe, 101 Minuten

<im_43693>"Abgedreht" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_43693>Die Idee ist wunderschön. Bei einem Magnetunfall vernichtet Jerry (Jack Black) versehentlich alle Filme in der Videothek, in der sein Freund Jerry (Mos Def) arbeitet. Was machen? Was tun? Die einzige Möglichkeit, die Regale wieder mit bespielten Bändern zu füllen, ist die Filme neu zu drehen, also Remakes anzufertigen. Zwei Jungs, die mit viel Phantasie und Einfallsreichtum Blockbuster wie "Men In Black" , Ghostbusters" oder "King Kong" nachdrehen - da ist der Videoclip-Regisseur Michel Gondry ganz in seinem Element.

Schon in seinem letzten Film "Science of sleep -Anleitung zum Träumen" ging es um einen Helden, der sich mit Watte, Pappe und Plastikfolie in die Welt der Phantasie flüchtete. Auch das Duo aus "Abgedreht" erweist sich als geniale Bastler. Sie stellen einen Schwarzweiß-Klassiker nach, in dem sie einen Ventilator vor die Linse stellen. Schon scheint das Bild zu ruckeln. Doch irgendwann hat es sich ausgebastelt und ausgetüftelt, als Zuschauer haben wir das Prinzip des Films begriffen und die Remake-Idee tritt auf die Stelle.
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