Restaurant "Tiny Leaf" in London

Kein Lebensmittel soll im Müll landen

Aussortiertes Gemüse, das wegen seiner Größe, Form oder eingerissenen Haut nicht in den Handel gelangt ist.
Aussortiertes Gemüse, das wegen seiner Größe, Form oder eingerissenen Haut nicht in den Handel gelangt ist. © dpa / picture alliance / Tobias Hase
Von Stephanie Pieper · 30.03.2016
Bio und vegetarisch - in der bunten Londoner Restaurantszene ist das nichts Besonderes. Aber jetzt gibt es das "Tiny Leaf" in Notting Hill, das sein Menü einzig aus den Resten von Supermärkten und Großhändlern bestreitet.
Der Koch Rubin wirft ein paar Blätter Grünkohl in eine kleine Eisenpfanne und brät sie kurz an - während daneben in einem großen Topf das Wasser blubbert, darin ein paar Rote-Beete-Knollen, die langsam weich werden. Seine Kollegin Jessie präpariert derweil nebenan eine Avocado-Creme als Beilage für den saftigen Bananenkuchen vom Blech.
All das, was Jessie und Rubin zubereiten, stammt aus Resten: Also aus dem, was Großhändler und Bio-Supermärkte nicht verkaufen können oder wollen – weil das Gemüse schrumpelig ist oder das Obst kleine Dellen hat. Die Idee zur Gründung des "Tiny Leaf" hatte Justin Horn. Der 35-Jährige hat zuvor in mehreren edlen Londoner Restaurants gekocht und konnte nicht glauben, wie viel dort weggeschmissen wird.
Er war schockiert, wie viel vom Gemüse schon beim Zubereiten in den Müll wandert. Und wollte etwas dagegen tun. Gesagt, getan. Gemeinsam mit einem Freund und einer Freundin eröffnete er Ende Januar im Stadtteil Notting Hill sein ungewöhnliches Restaurant.

Auf die Verschwendung hinweisen

Das erste Restaurant in London, sagt Co-Gründerin Alice Gilsenen, das die Konzepte Bio, vegetarisch und Abfallvermeidung vereint. Das Team versteht sich als Teil einer Bewegung, die auf die ungeheure Lebensmittelverschwendung in Großbritannien - und weltweit - aufmerksam machen will.
Die Köche versuchen, alles Gemüse und alles Obst möglichst vollständig zu verwerten. Alle anfallenden Essensreste kommen auf den Kompost, und alle Verpackungen werden recycelt. Und bei einigen seiner Lieferanten hat Justin bereits bewirkt, dass sie wiederum bei den Herstellern weniger bestellen.
Alice schätzt, dass mehr als zwei Drittel der Kunden des "Tiny Leaf" Frauen sind und nur ein Drittel Männer. Die Einrichtung ist nicht Hippie-alternativ, sondern trendy: viel naturbelassenes Holz, weiße Stoffservietten, grüne Pflanzen.
In London zu Besuch ist gerade Shia aus Bochum, die mit ihrem Freund selbst versucht, möglichst keinen Müll zu produzieren.
Shia betreibt den Blog "Wastelandrebels" – und findet das Konzept deshalb super.
Die Karte des Restaurants wechselt meist täglich - abhängig von der Saison und davon, was die Lieferanten nicht loswerden können und deshalb im Angebot haben. In dieser Woche gibt’s etwa Spiralnudeln aus Zucchini mit Mandel-Pesto und gebackenes Wurzelgemüse mit Polenta-Thymian-Püree. Und nicht zu vergessen: den Bananenkuchen von Jessie; der ist besonders saftig und besonders lecker – und weil wenig Zucker drin ist, ist er sogar gesund.
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